© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/01 05. Januar 2001

 
Guter Rat ist teuer
Interview: Der Berliner Börsenfachmann Hans-Wolfgang Loyda über Kleinanleger an der Börse
Rolf Helfert

Seit mehr als einem halben Jahr erlebt die Börse einen dramatischen Kurseinbruch. Vor allem die Kleinanleger von Aktien und Fonds sind davon betroffen. Wie sollten sie sich derzeit verhalten? Oft ist es schwierig, jemanden zu finden, der seriöse Ratschläge geben kann. Hans-Wolfgang Loyda (59) leitet die Börsenabteilung der Berliner Weberbank. Er gilt als Spezialist innerhalb seines Metiers.

Warum kam es in den letzten Monaten zu derart drastischen Kursrückgängen?

Loyda: Wegen des zu starken vorherigen Kursanstieges im Frühjahr 2000. Hier gab es zu viel Euphorie. Insbesondere war der Neue Markt zu stark aufgebläht. Nun trennt sich die Spreu vom Weizen.

Welche Aktien waren vom Rückgang weniger oder gar nicht betroffen?

Loyda: Firmen der "Old Economy", also Konzerne der großen, klassischen Industrie, aber auch Biotechnologie-Werte, die sich sogar um das Dreifache erhöht haben.

Was raten Sie Kleinanlegern, deren Aktien in den Keller gingen?

Loyda: Sie sollten unbedingt herausfinden, was mit den Gesellschaften, von denen sie Aktien gekauft haben, los ist. Häufig wurden solche Aktien ohne Sinn und Verstand erworben. Wichtige Informationen kann man über das Internet beziehen, etwa darüber, wer in welchem Fall als Berater in Frage kommt. Dann muß individuell entschieden werden, ob man Aktien behält oder abstößt.

Wie steht es mit Investmentfonds?

Loyda: Hier ist die Situation völlig anders. Fond-Aktien stellen eine langfristige Kapital-Anlage dar. Zeitweilige Kursrückgänge müssen dabei in Kauf genommen werden. Wer Risiken minimieren will, kann Dachfonds wählen, das sind Fonds, die sich aus mehreren Unterfonds zusammensetzen. Ein Fachmann empfiehlt einen Dachfonds, dessen einzelne Fonds wiederum Experten leiten. Somit knüpft der Anleger eine doppelte Rückversicherung.

Beraten Analysten und Banken ihre Kunden falsch?

Loyda: Grundsätzlich kann man Anlageberatern vertrauen, wenn auch nicht kritiklos. Fehler passieren überall, zumal in einem Risikogeschäft wie der Börse. Es kommt sehr selten vor, daß Berater vorsätzlich jemanden in die Irre führen.

Wo und von wem bezieht der Kleinanleger das gründlichste und umfangreichste Wissen?

Loyda: Je vielfältiger die angezapften Quellen sind, desto besser. In Frage kommen ntv-Fernsehen, Börse online, einschlägige Wirtschaftsblätter und die Anlageberater von Banken.

Deutet sich eine Trendwende auf dem Börsenmarkt an?

Loyda: Ja. Der Dax hat das Tal der Tränen, dessen Tiefstand bei 6.400 Punkten lag, durchschritten. Für 2001 ist eine Wende zum Besseren erkennbar. Standardwerte großer deutscher Industriefirmen, eventuell auch Banken, haben besonders positive Aussichten.

Welche Konsequenzen hat die Einführung des Euro für den Kleinanleger?

Loyda: Gar keine. Schon seit zwei Jahren arbeitet die Börse mit dem Euro. Eigentlich ist die Umstellung bereits erfolgt.


 
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