© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/00 08. Dezember 2000

 
Eine politische Ehe
USA: Der unaufhaltsame Aufstieg von Präsidentengattin Hillary Clinton zur Senatorin – und vielleicht zur ersten US-Präsidentin
Matthew Richer

Ein Präsident Clinton geht, eine Senatorin Clinton kommt. Ihren republikanischen Gegenkandidaten Rick Lazio warf Hillary Rodham Clinton mit Leichtigkeit aus dem Rennen. Die Gründe ihrer Kandidatur für den Senat erklärte Hillary Clinton letztes Jahr gegenüber dem Talk Magazine: "Ich will Unabhängigkeit. Ich möchte nach meinen eigenen Verdiensten beurteilt werden", sagte die First Lady. "Zum ersten Mal treffe ich selbst meine Entscheidungen." Es besteht kein Zweifel, daß sie niemals einen Sitz im US-Senat gewonnen hätte, wäre ihr Ehemann nicht der Präsident der Vereinigten Staaten gewesen. Angeblich hat Bill Clinton die Kampagne für den Wahlkreis New York entworfen und geleitet.

Schon seit etwa dreißig Jahren, als sie beide an der Yale University Law School studierten, fördert er ihre Karriere. Damals stand Hillary Rodham, die Tochter eines Industriellen aus der Nähe von Chicago, ziemlich weit links. Eine feministische Aktivistin, an Radikalität kaum zu übertreffen. Sogar für die "Black Panthers" war sie tätig, eine militante schwarze Gruppe, die zum Mord an weißen Politikern und Polizisten aufriefen. Ein "Black Panther", Alex Rackley, wurde zu dieser Zeit von der eigenen Gruppe wegen angeblichen Verrats umgebracht. Rackley wurde mit kochendem Wasser übergossen und mit einem Eispickel malträtiert, bevor er zwei Kopfschüsse erhielt. Hillary Rodham organisierte während des anschließenden Prozesses Solidaritätskundgebungen für die "Black Panthers" auf dem Campus.

Später traf sie dann den jungen Bill Clinton. Er arbeitete für den erfolglosen Präsidentschaftswahlkampf des Demokraten George McGovern 1974 gegen Richard Nixon. Seiner Freundin gestand Clinton das frühe Verlangen, eines Tages Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Im selben Jahr erhielt Hillary eine Assistenzstelle im Untersuchungsausschuß des US-Kongreß zur Aufklärung der Watergate-Affäre. Aber der radikalen Junganwältin ging es weniger um Gesetzesfragen als um politische Agitation. Einige Kongreßabgeordnete beschwerten sich, ihr Übereifer behindere den verfassungsmäßigen Auftrag des Gremiums. Der Ausschußvorsitzende, ein Demokrat namens Jerome Zeifman, beklagte Hillarys "Arroganz" und weigerte sich, sie für eine weitere juristische Tätigkeit zu empfehlen.

Wegen Bill zog Hillary nach Arkansas. Nach ihrer Hochzeit 1975 trat sie in die erfolgreiche Anwaltskanzlei Rose Law Firm ein. Als Clinton zum jüngsten Gouverneur der USA gewählt wurde und ihm damit auch die Ernennung der Richter zufiel, wurde Hillary eine besonders gefragte Anwältin. Viele der von ihr erfolgreich vertretenen Firmen spendeten großzügig für die demokratische Partei. Es roch nach Bestechung, als Hillary 1.000 Dollar in hochriskante Rindfleisch-Terminkontrakte investierte und daraus innerhalb weniger Monate 100.000 Dollar wurden. Die Wahrscheinlichkeit eines so hohen Gewinns ist sehr gering. Was für ein Zufall, daß sich unter den größten Spendern von Clintons Demokraten die Firma Tyson Foods befand, ein Nahrungsmittelproduzent, dem es durchaus möglich wäre, die Terminpreise zu manipulieren.

Als Studentin unterstützte sie militante Schwarze

Aber Amerikas fabelhaft liberale Presse ging nicht zu hart mit ihr ins Gericht. Im Gegenteil, sie sind alle große Bewunderer der Vorkämpferin für die Frauenemanzipation. Wie sie die zahlreichen Seitensprünge ihres Ehemannes dulden kann, wird sie fast nie gefragt. Die Ehe der Clintons ist eine politische Partnerschaft und nichts weiter. Sie schlafen in getrennten Zimmern im Weißen Haus und auch auf Reisen. Für die Öffentlichkeit spielt man Komödie. Ist eine Kamera in Sicht, dann wird Händchen gehalten und verliebt geschaut. Als die Präsidentenfamilie auf Hawaii Urlaub machte, baten sie den Secret Service, einige Fotografen an den Strand zu holen. Und später, als freizügige Bilder einer glückseligen Badenixe Hillary die Titelseiten der Gazetten schmückten, beklagten sich die Clintons bitterlich über eine Verletzung ihrer Privatsphäre.

Die Opferrolle beherrschen sie meisterlich. Ein großer Erfolg etwa war es, sich in der Lewinsky-Affäre als Opfer des "Moraleiferers" Kenneth Starr darzustellen, obwohl Clinton diesen selbst berufen hatte. Als der Präsident ein Verhältnis mit seiner Praktikantin zunächst abstritt, beschuldigte Hillary die republikanischen Aufklärer im Fernsehen einer Rufmordkampagne. Sie und ihr Mann seien Opfer einer rechtsgerichteten Verschwörung. Nach diesem Fernsehauftritt, so sickerte in die Presse, zeigte sich Hillary über ihre Wirkung zufrieden: "That’ll teach them to fuck with us." Nachdem der Präsident seine Verfehlungen eingestehen mußte, holte er sich ein paar Priester ins weiße Haus und erzählte diesen, er sei der "Sünde" erlegen. Zur gleichen Zeit begründete Hillary dem Fernsehen gegenüber Clintons Sexgeschichte als Spätfolgen einer traumatischen Kindheit. Ihr Herz sei gebrochen wegen der Lewinsky-Affäre, sagte sie mit bebender Stimme. Die amerikanische Öffentlichkeit hatte Mitleid und verzieh dem Präsidenten.

Hillary bezog ein monatliches Gehalt für nie geleistete Arbeit

Einen der dunkelsten Flecken in Hillarys Leben verbindet man mit dem Namen "Whitewater". 1992 begann die Bundesregierung eine Untersuchung einer betrügerischen Bank aus Arkansas mit Namen Madison Guarantee. Die Eigentümer Jim und Susan McDougal hatten die Bank vor den Zusammenbruch regelrecht geplündert, was den Steuerzahler 60 Millionen US-Dollar kostete. Bill und Hillary Clinton waren zusammen mit den McDougals an der Investmentgesellschaft "Whitewater Development" beteiligt – ein Bombengeschäft für die Clintons, da die McDougals mögliche Verluste abdeckten. Hillary bezog sogar noch ein monatliches Gehalt von 2.000 Dollar für nie geleistete Arbeit. Für die McDougals machten sich die guten Beziehungen zu den Clintons bezahlt, denn der Gouverneur lehnte entgegen dem Rat seiner Behörden die Schließung der Madison-Bank ab. Erst die Bundesbehörden machten dem Treiben ein Ende. Der Kongreß erzwang die Ernennung eines unabhängigen Ausschusses zur Aufklärung der Vorgänge. Während der nächsten Jahre klagte der Ausschußvorsitzende Kenneth Starr mehrere von Clintons Geschäftsfreunden an. Nur Jim McDougal erklärte sich zu einer Zusammenarbeit mit den Strafbehörden bereit, um ein milderes Urteil zu erlangen. Leider wurde er später unter mysteriösen Umständen tot in seiner Gefängniszelle gefunden, und ohne seine Zeugenaussage kam der Prozeß nicht weiter.

Ein Lieblingsthema Hillarys sind "Kinderrechte". Während der siebziger und achtziger Jahre veröffentlichte sie viele Artikel zu diesem Thema und trat als selbsternannte "Kinderanwältin" auf. Ihr Aufgabe sieht sie darin, die "Kinderbürger" aus dem "Reich der Väter" zu befreien. Die traditionelle Familie nennt sie in der Harvard Educational Review in einem Atemzug mit der Sklaverei oder den Indianer-Reservaten. Nach Meinung von Hillary Clinton sollten Behörden geschaffen werden, welche ein scharfes Auge auf die Eltern haben. Leicht kann man hinter diesem Kinderrechtsgefasel eine marxistische Argumentation entdecken mit dem Ziel einer Verstaatlichung der Erziehung. Die neuen Kämpfe finden nicht mehr in den Betrieben statt; die feministische Linke trägt den Spaltpilz in die Familien. Dabei fällt den Vätern die Rolle der neuen Ausbeuter und Unterdrücker zu. Häufig begründet Hillary Clinton ihren politischen Standpunkt mit dem Wohl "der Kinder". Ein staatliches Gesundheitssystem hilft "den Kindern", Steuersenkungen schaden "den Kindern" und so weiter. Fragt sich nur, weshalb sie niemals überlegt, wie sich ihr Einsatz für ein liberales Abtreibungsrecht auf "die Kinder" auswirkt.

Wie wohlmeinend sind die Clintons wirklich? Anders als die meisten anderen ehemaligen Präsidenten wird sich Clinton nicht in ein stilles Privatleben zurückziehen. Aus dem Hintergrund berät und steuert er seine Gattin im Senat. Hillarys Ehrgeiz ist unbestreitbar. Nicht wenige Beobachter trauen der ewig strahlenden First Lady Ambitionen auf das Amt des Präsidenten zu.

 

Matthew Richer ist freier Journalist in New York


 
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