© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/00 08. Dezember 2000

 
Reich sind immer nur die anderen
Parteien I: Die SPD hält millionenschwere Firmenbeteiligungen / Ein einflußreiches "rotes" Medienimperium
Paul Rosen

Wenn es um Transparenz ging, waren sich die Schatzmeister der deutschen Parteien stets rasch einig. Anfang der achtziger Jahre waren Delegationen aller damaligen Bundestagsparteien in Bonn versammelt, um über die Neufassung des Parteiengesetzes zu beraten. Die Runde verständigte sich schnell: Mit Zwischensaldierungen könnten sich Einnahmen und Ausgaben gut verrechnen lassen; nur noch die Saldierung erscheint in den Bilanzen. Zwanzig Jahre später profitiert davon die SPD, die ihr großes Vermögen und daraus resultierende Einnahmen kunstvoll in der Bilanz untergebracht hat. So konnte der Berliner Parteispenden-Untersuchungsausschuß kein Licht in SPD-Vermögen bringen.

Das war auch nicht zu erwarten, denn die Vertreter von SPD und Grünen hatten die Behandlung des Themas SPD-Finanzen zunächst erheblich verzögert. Nur die Angst, die Union könne einen eigenen Ausschuß zum Thema SPD-Finanzen beantragen, bewog die Genossen, eine Befragung ihrer Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier in diesem Jahr zuzulassen. Doch schon in Kürze stehen wieder die CDU-Finanzen an. Altkanzler Helmut Kohl soll erneut vernommen werden und dürfte – egal, ob er sich äußert oder nicht – erheblich größeres Interesse auf sich ziehen als das Milliarden-Vermögen der SPD.

Der Unterschied darf natürlich nicht verwischt werden. Kohl hat sich verhalten wie ein mittelalterlicher Fürst, hat durch seine Finanztransaktionen Recht und Gesetz mißachtet. Die SPD, so jedenfalls ergeben es die bisher bekannten Fakten, hat sich mit ihrer Finanzwirtschaft an die Buchstaben des Parteigesetzes und der anderen Vorschriften gehalten. Das Problem ist allerdings staatspolitischer Natur: Die Schatzmeister der Parteien haben selbst für die Gesetzgebung gesorgt, der Bundestag hatte nur noch Abnickerfunktionen. Daß eigene Interessen in diesem Zusammenhang nicht zu kurz gekommen sein dürften, liegt auf der Hand.

Bei der SPD geht es zudem darum, daß der wahre Wert ihres Firmenimperiums, das von Druckereien bis zu einem Reisebüro reicht, in keinem Rechenschaftsbericht ausgewiesen wird. Bei den anderen Parteien, die über keine nennenswerten Firmenbeteiligungen verfügen, spielt dieser Aspekt keine Rolle. Der Wert der Firmenbeteiligungen der Sozialdemokraten wird auf inzwischen rund eine Milliarde Mark geschätzt. Die Genossen profitierten besonders dadurch, daß sie Zeitungsverlage und Grundstücke in den neuen Bundesländern zurückerhielten, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden waren. So wurde die SPD zur großen Gewinnerin der deutschen Einheit.

Der sozialdemokratische Konzern wird geführt wie ein Familienbetrieb. Doch selbst aus den abgeschottetsten Familien dringt etwas nach draußen. So wurde im Frühjahr durch einen Zufall bekannt, daß die SPD-Holding "Deutsche Druck- und Verlagsanstalt" kurz vor der letzten Bundestagswahl die Zahlung einer Dividende von fast 18 Millionen Mark an die SPD beschloß. Im Rechenschaftsbericht tauchte der Betrag jedoch nicht auf. Des Rätsels Lösung: Frau Wettig-Danielmeier hatte von der Möglichkeit der Quersaldierung Gebrauch gemacht. In diesem Fall wurden Kosten für den Neubau der Berliner Parteizentrale mit der Dividende verrechnet.

Kopfzerbrechen bereitet außerhalb der SPD auch immer noch der Verkauf einer Hamburger Druckerei. Obwohl der Betrieb ziemlich marode gewesen sein soll, stufte ein Gutachten die Firma auf 70 Millionen Mark hoch. Hier wären nicht nur die Verbindungen der Unternehmen untereinander zu prüfen, sondern auch die Frage, ob der Zeitpunkt des Verkaufs nicht auch im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 1987 zu sehen ist. Der Verdacht liegt vor allem deshalb nahe, weil auch die ungewöhnlich hohe Dividendenzahlung der DDVG kurz vor der Bundestagswahl 1998 erfolgte: Frau Wettig-Danielmeier räumte in der Sitzung nach Angaben des Bundestags-Informationsdienstes ein, daß die DDVG für 1996 3,5 Millionen ausgeschüttet habe, für 1997 18,4 Millionen und ein Jahr später wieder nur acht Millionen.

Nichts von alledem ließ sich im Ausschuß aufklären. So vergaßen die Unionsvertreter die Frage, warum die DDVG ausgerechnet im Wahljahr 1998 18,4 Millionen Mark ausgeschüttet hatte, im Jahr davor und danach aber viel niedrigere Beträge. Auch bei den übrigen Fragestellungen gab sich die Union mit ausweichenden Antworten zufrieden, die die SPD-Seite bei der Befragung von CDU-Zeugen nie akzeptiert hätte.

Schnell gingen die Sozialdemokraten zum Gegenangriff über: Der Tageszeitung Die Welt, die sich regelmäßig mit der Materie beschäftigt hatte, wurde per Gerichtsbeschluß verboten, folgende Aussage weiter zu verbreiten: "Die SPD hat sich bis 1995 von einer Wirtschaftsprüferfirma prüfen lassen, auf die sie vollen Einfluß hatte: Die Partei war an ihr beteiligt und stellte die Führungskräfte." (zitiert aus dem SPD-Pressedienst vom 1. Dezember)

Auch sei die SPD nicht die reichste Partei im Lande, erklärte die Schatzmeisterin in einer Mitteilung vom gleichen Tage. Die CDU habe zwischen 1991 und 1998 zwischen 25 und 54 Millionen Mark mehr Spenden erhalten als die SPD. Die Ausschüttungen, die die SPD erhalte, "sind dagegen nur ein kleiner Ausgleich", so Frau Wettig-Danielmeier.

Doch einen Verdacht konnte die Schatzmeisterin nicht entkräften: Daß seitens der Partei direkt in die Unternehmen eingegriffen worden ist. Ein Anhaltspunkt könnte die außerordentlich hohe Gewinnausschüttung vor der Bundestagswahl sein. Wäre das tatsächlich der Fall gewesen, würde die SPD Gefahr laufen, die ihr als Partei zustehende weitgehende Steuerbefreiung auf kassierte Gewinne zu verlieren. Daß sich hier bisher nicht mehr als ein kleiner Verdacht finden ließ, hängt mit dem wenig engagierten Verhalten der Union im Untersuchungsausschuß zusammen.

Die SPD ist längst einen Schritt weiter: Würde sie ihr Imperium verkaufen, könnte sie die Einnahmen steuerfrei verbuchen – dank der von ihr selbst gemachten Steuerreform.
 
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