© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/00 01. Dezember 2000


Rache der Natur
von Volker Kempf

Manche "Science-Fiction" ist schon Wirklichkeit geworden. Wie bei "Raumschiff Enterprise" haben wir längst schnurlose Telefone, mit denen wir rund um den Erdball telefonieren können. In weniger erfreulichen Bereichen nähert sich die Wirklichkeit allerdings auch den Phantasien von Science-Fiction-Autoren an. So hat jemand einmal eine Unterwelt sich ausgedacht, in der es nur "Heidegrün" zu essen gibt. Doch "Heidegrün" war nicht von der Heide, wie der Name glauben machen sollte, sondern aus Menschenfleisch. Heute bekommt mach ein wiederkäuendes Rindvieh, das das satte Grün des Klees liebt, ein "Heidegrün" vorgesetzt, das aus Tiermehl besteht.

Was der Bauer seinen Tieren vorsetzt, weiß er meist selbst nicht; denn die Industrie, die noch das letzte Stück Gehirn und Eingeweide verwurstet, druckt vielleicht "grüne Wiesen" auf die Packung, nicht jedoch "Gehirne und sonstige Schlachtabfälle". Und die Verbraucher bekommen ihr Schnitzel als ein Stück Lebenskraft aus der Mutter Natur serviert. Der Mensch hat den Schoß der gütigen Mutter aber längst verlassen und tritt sie achtlos mit den Füßen und verstößt gegen ihre Gesetze. Doch Gesetzesverstöße bekamen noch niemandem gut. Erst jetzt, wo die Rinderseuche von der Politik nicht mehr richtig im Zaum gehalten werden kann, wird der Ruf der Umweltmediziner erhört, die widernatürliche Verfütterung von Tiermehl – zumal an vegan lebende Tiere – zu unterbinden. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben mit BSE.


 
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