© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/00 24. November 2000

 
Proteste gegen Gen-Patent

Begleitet von Protesten der Um weltorganisation Greenpeace hat am Montag in München eine diplomatische Konferenz zur Reform des europäischen Patentsystems begonnen. Die internationalen Konferenzteilnehmer wurden mit Protesten von Greenpeace gegen ein erteiltes Patent auf Embryonen konfrontiert , das ein Verfahren zur Isolation und Züchtung embryonaler Zellen von Menschen und Tieren zur Erzeugung sogenannter Chimären (Mischwesen aus Tier und Mensch) umfaßt. Die Umweltorganisation forderte die Diplomaten auf, einen sofortigen Stopp der Patentierung von Lebewesen und deren Genen zu verfügen. Das Europäische Patentamt müsse in seine Schranken gewiesen werden, da es "widerrechtlich Patente auf Leben" erteile.

EPA-Präsident Ingo Kobler wies die Vorwürfe von Greenpeace als "Quatsch" zurück, sein Amt verberge Genpatente vor der Öffentlichkeit. Die Aktenunterlagen zur Prüfung aller Patente stünden jedermann offen. Zu dem umstrittenen Chimären-Patent sagte Kober, eine Nichtigkeitsklage gegen dieses Patent sei auch nach der neunmonatigen Einspruchsfrist möglich. Käme es zu einer gesetzwidrigen Verwertung des Patents, müsse die Staatsanwaltschaft einschreiten. Einer Anwendung des Patents stehe das deutsche Embryonengesetz entgegen.

Kober verwies darauf, daß für den gesetzlichen Rahmen bei der Biotechnologie die nationalen Gesetzgeber zuständig seien. Deshalb ziele Greenpeace mit seiner Kritik am EPA auf die "falsche Organisation". Die diplomatische Konferenz werde sich nicht mit der Patentierung biotechnologischer Erfindungen befassen.

Greenpeace-Sprecher Christoph Then widersprach Kober. Es könne nicht die Aufgabe einer Umweltschutzorganisation sein, in allen elf Ländern, in denen das Patent gilt, Einzeleinsprüche vorzutragen. Er räumte aber ein, daß das an eine australische Firma erteilte Chimären-Patent in Deutschland nicht verwertbar sei. Dem Patentamt warf Then "Desorientierung und Verwirrung" vor, wenn es sich auf eine rein rechtliche Position zurückziehe, wonach die Erteilung eines Patents nicht gleichzeitig die Genehmigung für eine Vermarktung darstelle. Das EPA belohne mit einem Patent etwas, was ethisch nicht zu rechtfertigen sei.


 
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