© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/00 24. November 2000

 
Meldungen

Joseph Fischer erzürnt britische Politiker

BERLIN/LONDON. Die Ankündigung von Außenminister Joseph Fischer, beim bevorstehenden EU-Treffen in Nizza über die Bildung einer "Art europäischer Regierung" sprechen zu wollen, hat Empörung in Großbritannien ausgelöst. Der grüne Minister hatte vergangene Woche in einer Rede vor dem belgischen Parlament erklärt, daß er in der "Volkswahl" des EU-Kommissionschefs einen "ersten Schritt hin zu einem föderalen Europa" sehe. "Entgegen dem britischen Wunsch nach mehr nationaler Souveränität ertönt auf dem Festland der Ruf nach einem europäischen Superstaat", warnte der außenpolitische Sprecher der konservativen Tories, Francis Maude. Auch Premierminister Tony Blair zeigte sich über Fischers Äußerungen ungehalten: "Wir wollen Europa näher zum Volk bringen. Von einer Direktwahl des EU-Vorsitzenden aber kann da keine Rede sein", betonte ein Sprecher Blairs.

 

"Marionettenwahlen in einer Bananenrepublik"

MÜNCHEN. Die Freien Wähler in Bayern wollen den Plan von Innenminister Günther Beckstein (CSU), die Stichwahlen bei Kommunalwahlen abzuschaffen, mit einem Volksentscheid verhindern. Dies haben die 324 Vertreter der 900 bayerischen Orts- und Kreisverbände vergangenes Wochenende bei der Landesdelegiertenversammlung im mittelfränkischen Bad Windsheim einstimmig beschlossen. Landeschef Armin Grein bezeichnete die CSU-Idee als einen "unerträglichen wie skandalösen Einstich in die Muttererde der Demokratie". Beckstein wolle eine Begünstigung von CSU-Kandidaten. Dies gelte es zu verhindern. An den Grundpfeilern der kommunalen Demokratie dürfe nicht gerüttelt werden. Stichwahlen seien ein unverzichtbarer Teil der demokratischen Willensbildung.

 

Triebtäter werden zu milde bestraft

BERLIN. Eine Studie der Freien Universität Berlin läßt erhebliche Zweifel an Prognosegutachten über Sexualstraftäter aufkommen. Jeder fünfte, der eine zu positive Beurteilung bekam, wurde rückfällig, so die Studie. Die untersuchten Straftäter hatten in der Justizvollzugsanstalt Tegel eine Sozialtherapie erhalten. Sie waren zwischen 1988 und 1998 entlassen worden. Die Therapeuten tendieren dazu, "zu schnell günstige Prognosen zu stellen", sagte der FU-Studienleiter Klaus-Peter Dahle. Dies liege auch daran, daß die Gutachter "in gewisser Weise auch ihre eigene Arbeit" beurteilten und sie deshalb nicht "entwerten" wollten.

 

Beleites soll Stasi-Beauftragter werden

DRESDEN. Der Publizist Michael Beleites soll zum neuen sächsischen Stasi-Beauftragten gewählt werden. Die CDU-Fraktion wird Beleites gemeinsam mit der SPD der Staatsregierung vorschlagen, kündigte CDU-Fraktionschef Fritz Hähle vergangene Woche an. Er gehe davon aus, daß die Wahl von Beleites noch im Dezember auf die Tagesordnung kommt. Das Amt des Stasi-Landesbeauftragten ist seit April vergangenen Jahres nicht mehr besetzt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen