© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/00 17. November 2000

 
PRO&CONTRA
"Homo-Ehe" stoppen?
Dr. Rudolf Hammerschmidt / Oliver Nölken

Ein Unterschied zwischen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft und der Ehe zwischen Mann und Frau besteht durchaus: Bei einer Ehe handelt es sich um zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts. Das Geschlecht ist nicht nur etwas am Menschen, sondern bestimmt ihn durch und durch. Mann und Frau ergänzen und bereichern sich in ihrer Liebe gegenseitig auf besondere Weise – geistig, psychisch und körperlich.

Der Zusammenhang von Ehe und Familie ist ein wesentlicher Grund des besonderen Schutzes der Ehe, zu dem unsere Verfassung den Staat verpflichtet. Bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und der Ehe handelt es sich eben nicht um vergleichbare Lebensformen. Unser Grundgesetz verlangt die Bevorzugung der Ehe gegenüber allen anderen Formen der Partnerschaft, weil sie für die Gesellschaft Unvergleichliches leistet. Sie sichert durch die Zeugung und Erziehung von Kindern die Zukunft unserer Gesellschaft. Davon profitiert die ganze Gesellschaft, auch Menschen ohne Kinder und gleichgeschlechtliche Paare. Durch eine Gleichstellung würde Unvergleichliches gleich behandelt. Eine Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaft mit der Ehe kann nur anstreben, wer den Mehrwert der Ehe ignoriert. Man muß dazu zumindest das Eheverständnis um alle Familienbezüge reduzieren.

Bei der "Homo-Ehe" geht es nicht um die sittliche Bewertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und nicht um katholische Wertvorstellungen, sondern um die Frage, ob es gerecht ist, Ehe und gleichgeschlechtliche Partnerschaften gleichzustellen, ob es für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft gut ist, den Zusammenhang von Ehe und Familie in Frage zu stellen, ob es ungerecht ist, für gleichgeschlechtliche Partnerschaften kein eigenes Rechtsinstitut zu schaffen. Darüber muß die ganze Gesellschaft mit guten Argumenten diskutieren. An diesem Diskurs beteiligt sich die Kirche engagiert.

 

Dr. Rudolf Hammerschmidt ist Leiter der Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz DBK in Bonn.

 

 

Mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft sollen schwule und lesbische Paare, die sich beim Standesamt registrieren lassen, weitgehend mit Ehepaaren gleichgestellt werden. Das bietet Zündstoff für eine kontroverse, emotional geführte Debatte. Besonders populär ist bei den Gegnern die Floskel vom "Angriff auf Ehe und Familie". Einer rationalen Betrachtung hält sie allerdings nicht stand. Im Gegenteil: Der Wunsch vieler Homosexueller, sich ein Leben lang mit Rechten, aber auch Pflichten zu binden, zeigt gerade die hohe Wertschätzung für die Ehe als Modell partnerschaftlichen Zusammenlebens.

Die Benachteiligung von Schwulen und Lesben ist auch nicht "christlich" zu begründen. Die sexuelle Identität ist eben keine Frage des persönlichen Geschmacks, sondern Teil der unverwechselbaren und unveräußerlichen Identität, mit der Gott jeden Menschen geschaffen hat. Gerade wer Schwulen und Lesben Chancen und Lebensperspektiven vorenthalten will, die für Heterosexuelle selbstverständlich sind, versündigt sich an der göttlichen Ordnung.

Warum aber sollten wir eine Politik machen, die keinem hilft und vielen schadet? Bemerkenswerterweise sieht das gerade die Generation junger Mütter und Väter, die Generation junger Ehepaare und solcher, die es werden wollen, ganz genauso: Um die 80 Prozent der Unter-30jährigen befürworten die Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie empfinden es nicht als "Angriff" oder als persönliche Bedrohung, wenn ihre lesbische Arbeitskollegin oder ihr schwuler bester Freund das Lebensglück auf demselben Weg sucht wie sie selbst. Sie wünschen ihnen alles erdenklich Gute auf diesem Weg – ganz einfach, ganz logisch, ganz menschlich. Vielleicht würde es helfen, wenn auch mancher politische Entscheidungs- und kirchliche Würdenträger wieder lernen würde, so einfach, logisch und menschlich zu denken.

 

Oliver Nölken ist Bundespressesprecher der Lesben und Schwulen in der Union (LSU).


 
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