© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/00 10. November 2000

 
Meldungen

Hoffmann: Leitkultur ist ein Phantom

FRANKFURT/MAIN. Als "verheerend" hat der Präsident des Goethe-Instituts, Hilmar Hoffmann, den Begriff "deutsche Leitkultur" bezeichnet. "Eine deutsche Leitkultur gibt es nicht, das ist ein Phantom", sagte Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Frankfurt. Wer von "deutscher Leitkultur" rede, bereite der rechten Klientel das Feld, sagte der Kulturpolitiker. Er zeigte sich verwundert, daß der Chef der Unionsfraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), den Begriff in die Diskussion gebracht habe. Der Begriff führe auf eine "völlig falsche Fährte", sagte Hoffmann. "Wir, in den Goethe-Instituten, sprechen bei unseren Veranstaltungen im Ausland nicht einmal von einer deutschen Kultur, sondern immer nur von Kultur aus Deutschland." Von der Musik bis zur Literatur sei die Kultur in Deutschland immer auch aus dem Ausland beeinflußt worden. Kultur sei zudem ein ständiger Prozeß. Grundlage für das Miteinander der Menschen, die in Deutschland lebten, seien das Grundgesetz und die deutsche Sprache, sagte Hoffmann.

 

Naumann auf den Spuren von Goebbels

BERLIN. Kulturstaatsminister Michael Naumann hat mit seinen jüngsten Äußerungen zur Kulturhoheit der Länder heftige Kritik aus den Bundesländern geerntet. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, ebenfalls SPD, warf Naumann vor, er wolle das "Grundgesetz rasieren". Der Staatsminister hatte in einem Beitrag für die Zeit die Notwendigkeit einer Bundeskulturpolitik betont und auf eine seiner Meinung nach zu stark betonte Kulturhoheit der Länder hingewiesen, ohne sie jedoch als "Kern des Föderalismus" in Frage stellen zu wollen. "Der barocke Begriff der ’Kulturhoheit‘ taucht im Grundgesetz nicht auf", er gehöre zur "Verfassungsfolklore", schrieb Naumann. Die hessische Kulturministerin Karin Wolff (CDU) sprach sich dafür aus, die Kulturhoheit "in der bewährten Hand der Länder" zu belassen. Der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) meinte, die berechtigte Sorge über die eigene Überflüssigkeit gebe dem Kulturstaatsminister nicht das Recht, die Verfassung in Frage zu stellen. Wenn sich die Väter des Grundgesetzes für die Kulturhoheit der Länder entschieden hätten, so nicht als "Ausdruck der Angst der Deutschen vor sich selbst", sondern als Ausdruck der Angst vor einem "neuen Joseph Goebbel".

 

Neue Stiftung soll kleine Verlage fördern

BERLIN. Kulturstaatsminister Michael Naumann und unabhängige Verleger haben die Gründung der "Kurt-Wolff-Stiftung zur Förderung des Verlagswesens" beschlossen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels unterstützt diese Einrichtung. Sie wird ihren Sitz in Weimar nehmen und soll noch im Jahr 2000 genehmigt und eingetragen werden. Dem Vorstand gehören die Verleger Brigitte Ebersbach, Manfred Metzner und Klaus Wagenbach an. "Es sind gerade die vielen kleinen Verlage, die zur weltweit fast einmaligen Titelvielfalt des deutschen Buchmarkts beitragen. Wir wollen mit der Stiftung das Engagement und das Bemühen auszeichnen, auch in Zeiten eines immer schärfer werdenden Wettbewerbs qualitativ hochwertige Bücher zu machen", erklärte Michael Naumann. Die Stiftung führt den Namen Kurt Wolff – in Erinnerung an den bedeutenden Verleger des deutschen Expressionismus, der von 1887 bis 1963 gelebt hat. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, kleine unabhängige Verlage zu fördern und somit die vielfältige Verlagslandschaft in Deutschland zu erhalten und zu pflegen. Um auf die Leistungen dieser Verlage aufmerksam zu machen, werden ab Frühjahr 2001 jährlich Preise für Einzelprojekte sowie für ein verlegerisches Gesamtschaffen verliehen. Ferner berät sie die Verlage bei der Beantragung öffentlicher und privater Fördermittel.


 
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