© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/00 10. November 2000

 
Stille Helfer
Parteien: Wirbel um Republikaner-Stimmen für Erwin Teufel
Jörg Fischer

Der Stern, seit den Hitler-Tagebüchern für seine "sichere Nase" berühmt-berüchtigt, glaubte mal wieder einen Skandal entdeckt zu haben: "Erwin Teufel ist allem Anschein nach der erste deutsche Ministerpräsident von Gnaden der Rechtsradikalen." Denn, so recherchierte das Blatt, als nach der Landtagswahl von 1996 der CDU-Politiker erneut zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt werden sollte, hätten im zweiten Wahlgang "mindestens sechs REPs" für Teufel gestimmt.

Und da im Frühjahr Landtagswahlen sind, kam der rot-grünen Opposition der "bestürzende Sachverhalt", so SPD-Generalsekretär Wolfgang Drexler, gerade recht. Landes-Grünenchef Andreas Braun fragte gar, ob Teufel als Ministerpräsident von "Gnaden der rechtsradikalen Republikaner im Amt bleiben kann".

Dabei ist Teufel ein erklärter Republikaner-Feind, der schon 1992 lieber mit den Grünen sprach und eine große Koalition mit der SPD vereinbarte. Teufel betonte daher nach Bekanntwerden des Stern-Berichts: "Weil man offensichtlich gegen meine Politik für Baden-Württemberg und seine Bürger keine sachlichen Einwände bringen kann, greift man zu haltlosen Schmähungen". CDU-Generalsekretär Volker Kauder fand auch keine Dankesworte, sondern sprach gar von "unglaublichen, unverantwortlichen Spekulationen". Da es um eine geheime Wahl gehe, könne die Glaubwürdigkeit der eidesstattlichen Versicherungen nicht nachgeprüft werden. Eidesstattliche Versicherungen über ihr Abstimmungsverhalten haben sechs Republikaner abgegeben, die 1996 für Teufel gestimmt haben – diese liegen der JUNGEN FREIHEIT vor.

Der stellvertretende Fraktionschef der Republikaner, Ulrich Deuschle, bekräftigete gegenüber der JF dazu: "Mehrere Abgeordnete haben entgegen der offiziellen Fraktionslinie in freier Ausübung ihres Mandats Erwin Teufel im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt". Da die Befürworter einer Stimmabgabe für Teufel in der Republikaner-Fraktion in der Minderheit gewesen seien, habe die Fraktion sich im Juni 1996 darauf festgelegt, Teufel nicht zu unterstützen. Die Befürworter hätten jedoch dennoch für Teufel gestimmt, "um dem Tauziehen ein Ende zu machen und dem Land eine stabile Regierung zu geben". Bei den Republikanern gebe es keinen Fraktionszwang, betonte der 48jährige Deuschle. Da die Fraktion hierbei keine einheitliche Meinung hatte, habe man "dieses Stimmverhalten bisher nicht an die große Glocke gehängt".

Neben ihm selbst hätten auch Fraktions- und Bundesparteichef Rolf Schlierer, Landesgeschäftsführer Alfred Dagenbach, der Parlamentarische Geschäftsführer Lothar König und die beiden Abgeordneten Rolf Wilhelm und Klaus Rapp für Teufel gestimmt.


 
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