© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/00 03. November 2000

 
Meldungen

Europaminister will nicht nach Österreich

PARIS. Europaminister Pierre Moscovici hat im Rahmen der EU-Präsidentschaft Frankreichs eine Tournee durch EU-Hauptstädte angekündigt, zugleich aber betont, daß er sich "auf keinen Fall" nach Wien begeben werde. In der "Tour des capitales" werde er sich in die Benelux-Länder, nach Portugal und nach Griechenland begeben, um bei den kleinen Länder für eine Beschränkung auf 20 EU-Kommissare zu werben, wenn die EU erweitert wird. Im Sender France 3 hatte der Sozialist die Wiener Koalition als "abnormal" und die FPÖ als "rassistische und fremdenfeindliche Partei" bezeichnet. Beim geplanten Besuch des französischen Staatspräsidenten in Wien, der am 23. November ansteht, wird sich Chirac daher von Außenminister Hubert Védrine begleiten lassen. Moscovici ist überzeugt, daß die EU auch gegen Italien ähnliche Sanktionen wie gegen Österreich ergreifen könnte, falls Forza Italia-Chef Silvio Berlusconi gemeinsam mit Umberto Bossi die Wahlen im Jahr 2001 gewinnen würde. "Ich hoffe sehr stark, daß wir in einem anderen Land genauso reagieren würden wie in Österreich, wenn sich dieselbe Situation ergeben würde", erklärte er im Sender Arte.

 

"Padanien muß christlich bleiben"

ROM. "Padania cristiana, mai musulmana! – Padanien muß christlich bleiben, darf niemals moslemisch werden!" oder "Niemals wird ein Minarett einen Schatten auf unseren Kirchturm werfen!" skandierten in Lodi bei Mailand vergangene Woche über tausend Anhänger der Lega Nord. Anlaß für die Kundgebung, der zahlreiche ähnliche Protestaktionen in der Lombardei und im Veneto vorangegangen waren, ist der geplante Bau einer Moschee in der von einem linken Bürgermeister verwalteten Stadt Lodi. Zu den Lega-Aktivisten hatten sich auch Mitglieder des rechten MSI-Fiamma Tricolore und von Forza Italia gesellt. Die Gemeindeverwaltung hatte der islamischen Gemeinde kostenlos ein Grundstück am Stadtrand zur Verfügung gestellt. Diese will hier aus Eigenmitteln die neue Moschee bauen – unter heftigsten, von der Lega Nord initiierten Bürgerprotesten. Die Lega will diese zum Symbol für ihren Kampf um die "Erhaltung der kulturellen Identität Padaniens" machen. In der 45.000-Einwohner-Gemeinde Lodi leben etwa 1.000 Muslime, in der gesamten Provinz weitere 2.000. Lega-Chef Umberta Bossi erklärte, daß er als "laizistisch eingestellter Bürger" finde, daß die Religion nur ein Zusatzrecht sei, nicht das wichtigste Recht eines Staatsbürgers. Die Bürger in Norditalien möchten eben ihre Identität gewahrt wissen angesichts der "muslimischen Kolonien", die in der südlichen Lombardei entstünden. Rund 600.000 Muslime leben derzeit schon in Italien.

 

Schirinowski will nicht Jörg Haider sein

STRASSBURG. Der stellvertretende russische Duma-Vorsitzende Wladimir Schirinowski hat sich über die Behandlung beschwert, die ihm seitens der französischen Behörden widerfuhr. Schirinowski, der an einer Ausschuß-Sitzung des Europarates in Straßburg teilgenommen hatte, kritisierte vergangene Woche die ihm auferlegten Aufenthaltsbeschränkungen. "Man schreibt mir sogar die Route vor, die ich von Frankfurt nach Straßburg nehmen muß. Ich kann nicht einen Schritt nach links oder rechts machen. Warum? Bin ich ein Extremist? Bin ich Haider?" empörte sich der Chef der exzentrischen "Liberaldemokratischen Partei". Er fühle sich in Frankreich wie ein "Bürger zweiter Klasse", ja wie ein "Krimineller" behandelt, sagte Schirinowski. Für jedes seiner Einreisevisa brauche er eine eigene Einladung und dürfe sich nur in Straßburg aufhalten. Im März hatte er sich selbst als "russischen Haider" bezeichnet, um zu betonen, daß er als solcher das Tschetschenien-Problem "in einem Monat" lösen würde nach dem Rezept: "Alle einsperren, alle verfügbaren Waffen einsetzen."


 
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