© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/00 27. Oktober 2000

 
Meldungen

Wachsende regionale Identität in Königsberg

OSLO. In der führenden politikwissenschaftlichen Zeitschrift Skandinaviens,Cooperation and Conflict. Nordic Journal of International Studies (Heft 3/00), beschäftigt sich Ingmar Oldberg mit der Herausbildung einer regionalen Identität im nördlichen Ostpreußen, dem russischen "Kaliningrad Oblast".Widerstände auf dem Weg zu einer solchen Identitätsfindung macht Oldberg im "Migrations"-Charakter der Bevölkerung aus, im russischen Nationalismus und in der Sowjetnostalgie. Trotzdem ist erkennbar, daß eine Mehrheit der Bevölkerung separatistische Tendenzen zwar ablehnt, aber für einen autonomen Status der Region plädiert. Die angestrebte Westeröffnung begünstige dabei die Herausbildung eines zu Moskau auf Distanz gehenden Sonderbewußtseins, das auch die deutsche Geschichte des Landes integriert.

 

Eine Studie über Reemtsmas Gutachten

MÜNCHEN. Mitte November wird die Historikerkommission, die im Auftrag Jan Ph. Reemtsmas die Konzeption der "Wehrmachtsausstellung" seit November 1999 überprüft, ihren Abschlußbericht vorlegen.Um sich rechtzeitig mit dem aktuellen Diskussionsstand in dieser Sache vertraut zu machen, sei auf die Broschüre des Münchner Publizisten Meinrad von Ow hingewiesen ("Zur Ausstellung ’Vernichtungs- krieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944‘.Können acht Gutachter ihr Glaubwürdigkeit verleihen?"). Von Ow setzt sich in dieser "Studie über wissenschaftliches Fehlverhalten" in nüchtern-sachlicher Form mit den ideologischen Implikationen der Ausstellung auseinander und stellt die acht Mitglieder der Kommission, unter ihnen Gerhard Hirschfeld, Omer Bartov, Reinhard Rürup, Hans-Ulrich Thamer, Christian Streit (dessen Werk "Keine Kameraden", 1978, bis heute ein wichtiges Reservoir für jede Stigmatisierung der Wehrmacht ist), Friedrich Kahlenberg (Präsident des Bundesarchivs) und Manfred Messerschmidt, anhand ihrer Veröffentlichungen vor. Gegen einen Unkostenbeitrag von 10 Mark ist die Broschüre beim Verfasser erhältlich (Trautenwolfstr. 8, 80802 München).

 

Erinnerung an den Soldaten Jochen Klepper

STUTTGART. Das Tagebuch des schlesischen Dichters Jochen Klepper ("Unter dem Schatten Deiner Flügel", 1956), der 1942 mit seiner jüdischen Ehefrau und Stieftochter den Freitod wählte, gehört zu den wichtigsten literarischen Dokumenten aus der Zeit des Dritten Reiches. Weniger bekannt sind seine 1958 veröffentlichten "Tagebücher und Aufzeichnungen aus dem Kriege". Darin vermittelt der dezidierte NS-Gegner und Repräsentant der christlich-protestantischen "Inneren Emigration" Eindrücke und Wertungen aus seiner Soldatenzeit (1941), die so gar nicht in aktuell dominierende Klischee von der deutschen Wehrmacht passen wollen. Götz Eberbach erinnert mit einer Zitatencollage aus diesen Tagebüchern an Klepper und konterkariert so die "herrschende meinung" (Kameraden, Heft 554).


 
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