© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/00 27. Oktober 2000

 
PRO&CONTRA
Rundfunkgebühren senken?
Sönke Pencik / Claus Schneggenburger

Wer hat sich nicht schon darüber geärgert? Alle drei
Monate bittet die GEZ zur Kasse. 84,75 Mark für ein Radio- und Fernsehprogramm, das man nur sehr selten konsumiert. Meine Meinung: "Schluß mit der Abzockerei! Es wird langsam Zeit, daß die Rundfunkgebühren in ihrer jetzigen Form abgeschafft werden. Es darf nicht sein, daß man für öffentlich-rechtliche Programme zahlen muß, ohne diese bestellt oder in Anspruch genommen zu haben." In der heutigen Medienwelt, in der man leicht 100 und mehr freie Radio- und Fernsehprogramme empfangen kann, ist es einfach nicht mehr zeitgemäß, eine Zwangsgebühr vom Volk zu verlangen. Die Begründung ein zum Empfang bereitgehaltenes Gerät verpflichte zur Zahlung, ist mehr als fragwürdig. Schließlich schreibt einem das Grundgesetz auch das Recht auf Information zu. Und dieses Recht wird einem "GEZ-Nichtzahler" genommen.

Wer nicht zahlt, darf kein Gerät zum Empfang bereithalten. Somit wird ihm auch der Empfang von zum Beispiel RTL, SAT1 und n-tv untersagt. Diese Programme hat jedoch auch ein "Nichtzahler" schon bezahlt. Private Sender finanzieren sich ausschließlich durch Werbung und Sponsoring.

Nur weil die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihre Programme nicht verschlüsseln wollen, wird einem der Empfang aller Programme verboten. Daß man Radio und Fernsehen nicht umsonst machen kann ist klar. Abschaffen sollte man die öffentlich-rechtlichen Programme auch nicht. Die Bezahlung dieser Programme muß jedoch gerechter geregelt werden. Premiere World macht es vor! Das Schlimmste ist jedoch die Geldverschwendung! Etwa 11 Milliarden Mark werden jährlich von der GEZ eingetrieben. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten wollen neben der Werbung, die ihnen zusätzliche Einnahmen beschert, auch noch die Rundfunkgebühren ab dem 1. Januar 2001 um 3,33 Mark pro Monat erhöhen. Die Schmerzgrenze wird somit noch weiter überschritten.

 

Sönke Pencik ist Leiter einer Medien- und Kommunikationsagentur. Internet: http://web.intru.de/on-air/on-air.html

 

 

Rundfunkgebühren senken? Mit solchen Forderungen ist schnell bei der Hand, wer glaubt, damit in der Öffentlichkeit Pluspunkte machen zu können. Dabei wird allerdings oft das vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Verfahren außer acht gelassen. Es sieht nämlich vor, daß eine unabhängige Kommission, die KEF, prüft, wieviel Geld die Anstalten brauchen, um den ihnen vom Verfassungsgericht übertragenen Auftrag zur "Grundversorgung" mit Information, Bildung und Unterhaltung erfüllen zu können. Angesichts der immens gestiegenen Kosten im Medienbereich hatte die Kommission keine andere Wahl, als den Ministerpräsidenten eine äußerst moderate Erhöhung der Rundfunkgebühr vorzuschlagen. Wer dagegen polemisiert, sollte aber drei Dinge nicht außer acht lassen:

1. Es wird viel zu oft vergessen, daß das Bundesverfassungsgericht die Zulassung des Privatfunks vom Vorhandensein des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abhängig gemacht hat, weil nur er unvoreingenommene, von kommerziellen Interessen freie Information garantiert. 2. Es wird viel zu oft vergessen, daß für den Verbraucher auch der kommerzielle Rundfunk keineswegs kostenlos ist, sondern er die zu 90 Prozent an die "Privaten" gehende Fersehwerbung über den Preis mitbezahlt. 3. Es wird viel zu oft vergessen, daß die ARD viel mehr bietet, als nur ein Fernsehprogramm, nämlich acht "Dritte" Regionalprogramme, gemeinsam mit dem ZDF die vier "Partnerprogramme" Arte, 3Sat, Phoenix und Kinderkanal, mehr als 50 Hörfunkprogramme und nicht zuletzt, 22 "Klangkörper", vom Sinfonieorchester bis zum Vokalensemble, die mit jährlich mehr als 1.000 Konzerten und mehr als 70 Musikfestivals in erheblichem Umfang zum kulturellen Leben in Deutschland beitragen.

Nimmt man all dies zusammen, dann wird klar, daß die Rundfunkgebühr keinesfalls überteuert ist. Wäre sie niedriger, wäre Deutschland in vieler, nicht zuletzt auch kultureller, Beziehung wesentlich ärmer.

 

Claus Schneggenburger ist Leiter der Pressestelle des Südwestdeutschen Rundfunks in Stuttgart.


 
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