© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000

 
Funar in der Grube
Rumänien I: Siebenbürgen ist urrumänisch
Miklós Barti

Auf dem zentralen Platz im Klausenburg (Siebenbürgen) kann man schon seit Jahren eine große Baugrube bewundern. Unten in der Grube befinden sich Mauerreste und andere Steine.

Gheorghe Funar – Bürgermeister der Stadt und Generalsekretär der Großrumänischen Partei (Romania Mare) – hatte die Ausgrabungen angeordnet, um zu beweisen, daß die Daken – und damit die Rumänen – schon vor den Ungarn in Siebenbürgen waren. Außerdem hatte er mit den Grabungen erreichen wollen, so munkelt man hinter vorgehaltener Hand, daß die katholische St. Matthias Kirche und das Reiterstandbild des ungarischen Renaissance-Königs Matthias Corvinus, beides noch aus der Zeit, als Klausenburg zu Ungarn gehörte, zusammenstürzen würden.

Kürzlich bestimmte nun der Präfekt des Komitates Cluj, Bogdan Carghizan, daß man die Grube endlich wieder zuschütten müsse, damit der schöne Platz wieder für die Menschen zugänglich sei. Die archäologischen Untersuchungen sind schon lange abgeschlossen, und da die paar Steine und einige Mauerreste nichts außergewöhnliches sind, empfahl auch die Untersuchungskommission die Zuschüttung der Funde. Das wollte sich Funar nicht gefallen lassen. Er ging durch alle Instanzen, um die "kostbaren Beweise" für die dako-rumänische Kontinuitätstheorie vor der Eingrabung zu schützen. Da die Mühlen der Justiz in Rumänien – vor allem vor den Wahlen im Herbst – ziemlich langsam mahlen, wird der Grubenstreit vorerst nicht zu Ende kommen. Funar hat mittlerweile eine Bürgerwehr für die Ausgrabungsstätte bereitgestellt. Aber vielleicht löst sich das Problem mit der Zeit von selbst: wer nach Klausenburg kommt, kann sich mit eigenen Augen davon überzeugen, daß die Mauerreste mittlerweile von allerlei Müll, Dosen und Flaschen bedeckt werden. Daß die dort wohnenden Ungarn darin eine pikante Symbolik sehen, scheint noch nicht bis zur Großrumänischen Partei vorgedrungen zu sein. Über die einstmals dort siedelnden Deutschen geht es in dem Streit nicht – die wohnen längst nördlich der Alpen.


 
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