© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000

 
"Mein Freund Joschka Fischer"
Terrorismus: In Frankfurt am Main hat der Prozeß gegen Hans-Joachim Klein wegen des Attentats auf die OPEC-Konferenz begonnen
(JF)

Mit einer detaillierten Aussage des Ex-Terroristen Hans-Joachim Klein hat am Dienstag vor dem Frankfurter Landgericht der Prozeß um den Anschlag auf die Konferenz der Erdölminister (OPEC) vor 25 Jahren begonnen. Der 52jährige Klein muß sich wegen gemeinschaftlich begangenen dreifachen Mordes, dreifachen versuchten Mordes sowie der besonders schweren Geiselnahme im Zusammenhang mit dem Attentat auf die Wiener Konferenz am 21. Dezember 1975 verantworten.

Bei dem Überfall waren drei Menschen getötet worden. Das Terrorkommando unter der Führung des als "Carlos" bekannten Venezolaners Illich Ramirez Sanchez nahm 70 Menschen als Geiseln. Nach zwei Tagen hatte die österreichische Regierung die Terroristen mit 35 Geiseln nach Algerien ausfliegen lassen. Klein war durch einem Bauchschuß schwer verletzt worde und hatte sich einer Notoperation unterziehen müssen. Später tauchte er mit Hilfe von Weggefährten aus Frankfurter Sponti-Tagen in Frankreich unter. Im September 1998 wurde er verhaftet und im Mai 1999 nach Deutschland ausgeliefert.

Der ebenfalls angeklagte Rudolf Schindler (57), dem Beihilfe zu den Taten Kleins vorgeworfen wird, verweigerte zunächst die Aussage. Klein sagte dagegen zu seinem Einstieg in die Terrorszene aus und berichtete von weiteren Terrorplänen wie der geplanten Entführung des Papstes.

Die Anklage bezieht sich auf die Tötung eines libyschen OPEC-Mitarbeiters, eines irakischen Leibwächters und eines österreichischen Kriminalbeamten. Staatsanwalt Volker Rath warf Klein vor, aus niedrigen Beweggründen den Tod von drei Menschen leichtfertig verursacht zu haben. Daneben geht es um die geplante Tötung der Erdölminister Saudi-Arabiens und Irans sowie eines weiteren österreichischen Polizeibeamten. Rath verwies darauf, daß sich Klein zur Teilnahme an dem Anschlag entschlossen habe, nachdem entschieden worden sei, "den saudischen und den iranischen Minister auf jeden Fall zu erschießen".

Bei der Vernehmung schilderte Klein seinen Anschluß an die linke Bewegung in Frankfurt, die Teilnahme an politischen Aktionen mit "meinem Freund Joschka Fischer", seine Unterstützertätigkeit für die RAF und seine Kontakte zu der Terrororganisation Revolutionäre Zellen (RZ). Der Einstieg zu eigenen terroristischen Aktionen sei vom Hungertod des inhaftierten RAF-Terroristen Holger Meins verursacht worden. "Da wurde mir klar, daß wir etwas anderes tun müssen, als nur Gefangene zu unterstützen."

Über den Wiener Anschlag wurde am Dienstag zunächst noch nicht gesprochen. Klein sagte aber aus, er habe erst nach dem Anschlag erfahren, "was in Wien wirklich passiert ist, auch von den Toten". Wegen weiterer Attentatspläne habe er sich zum Ausstieg entschlossen. Zu diesen hätten ein geplanter Anschlag auf ein israelisches Flugzeug und eine geplante Entführung des Papstes gezählt. Daneben sagte Klein, ein Mitglied der RZ habe ihm gesagt, diese sei auch am Anschlag auf die Olympischen Spiele in München beteiligt gewesen. Nach seinem Ausstieg habe er in den Jahren 1985 und 1993 Kontakte mit dem deutschen Verfassungsschutz gehabt, sagte Klein. 1996 habe er erstmals überlegt, sich zu stellen. Die Polizei sei ihm aber mit ihrer Verhaftung zuvorgekommen.


 
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