© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/00 13. Oktober 2000

 
Blick in die Medien
Fax vom Chef
Ronald Gläser

Diesen Sonntag kam Spätaufstehen nicht in Frage. Das Rennen in Suzuka war zu wichtig. Zur Zeit werden jedermann von einer Koalition, die von Wolfgang Thierse bis zu den deutschen Olympioniken reicht, alle Gründe vermiest, die den Stolz auf das Vaterland steigern könnten.

Michael Schumacher hat all dies wieder geradegerückt. Mit seinem Sieg in Japan hat er sich endgültig in die Annalen der Formel Eins eingeschrieben und Ferrari wieder zu seiner alten Spitzenposition verholfen.

Aus gutem Grund also schaltete der Formel-Eins-Sender RTL in der Frühe mehrfach zwischen Maranello, Suzuka und Kerpen hin und her.

Sogleich nutzte der Bundeskanzler die Chance zur Profilierung. Obwohl Michael Schumacher wie kein anderer die Grundregeln der ökologischen Steuerreform permanent ignoriert, erhält der weltbeste Rennfahrer sogleich vor laufender Kamera ein Glückwunschfax von Hol-mir-ma-ne-Flasche-Bier-Schröder.

RTL-Clown Kai Ebel überreicht das Schriftstück: "Und sehen Sie mal hier, da ist die Unterschrift des Bundeskanzlers. Damit niemand denkt, das ist so ein ‘Fake‘ vom Ebel." In der Tat springt einem Schröders Unterschrift auf der Faxkopie entgegen. Woher kennt der Regierungschef die Faxnummer des Ferrari-Rennstalls in Suzuka? Arbeitet Gerhard wirklich auch am frühen Sonntagmorgen für unser Land? Oder signiert er versuchshalber vor wichtigen sportlichen Entscheidungen Glückwunschtelegramme, die bei Bedarf von emsigen Pressereferenten versandt werden?


 
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