© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/00 13. Oktober 2000

 
Die FPÖ auf dem Sprung nach Deutschland?
JF-Umfrage zu Haiders Absicht, die FPÖ nach Deutschland auszudehnen
Steffen Königer

Bereits am 22. September hatte Jörg Haider in einem Interview mit der Welt den Gedanken geäußert, die FPÖ nach Deutschland ausdehnen zu wollen: "Die Frage ist, ob ein Land wie Deutschland ohne eine Reformkraft wie die FPÖ auskommen kann. Die CSU müßte entweder bundesweit antreten, oder es braucht eine Reformkraft wie die FPÖ." Aufgrund dieses Interviews machte die JF eine kleine Umfrage bei Politikern, wie sie zu diesem Vorschlag Haiders stehen.

Uhl: Kein Bedarf an Jörg Haider

1. Haiders Einlassung, die CSU sei eine Kopie der FPÖ, ist ein Beispiel für trostlose Tatsachenverdrehung und schuftige, schrille Schwatzhaftigkeit.

2. Bayern braucht mit Sicherheit keine Freiheitliche Partei und noch weniger einen Jörg Haider. Der Beweis dafür ist der politische Konkurs der FPÖ-Kopie "Bund Freier Bürger" (BFB).

3. Im übrigen Deutschland ist die CDU gut beraten, nach dem Grundsatz von Franz-Josef Strauß zu handeln: Es darf keine demokratisch legitimierte Partei rechts von der CDU/CSU geben.

Dr. Hans-Peter Uhl (CSU) ist seit 1998 Mitglied des Bundestages


Wiechmann: Plädoyer für eine Ausdehnung

Jörg Haider spricht in dem Interview wie gewohnt offen aus, was viele Menschen in Deutschland bewegt und was sie erhoffen, aber in den Medien nicht ansprechen dürfen.

Die unsäglichen Streitereien zwischen CDU und CSU belegen, daß auch von diesen Parteien keine notwendige Erneuerung deutscher Politik ausgeht. Die Misere deutscher Politiker, die ausgefahrenen Gleise der gegenwärtig etablierten Parteien, werden mehr als die in den jetzigen Umfragen ermittelten 15 Prozent Zustimmung für eine freiheitliche Volkspartei ergeben. Das alles sollte man nicht unter dem Stichwortgeber Protestwahl und "Ausrutscher" einordnen, sondern es zeigte auch dem wahlmüden deutschen Wähler eine nachhaltige Alternative zum üblichen Parteienbrei.

Wir stehen den Gedanken Haiders nach Ausdehnung und Etablierung einer Freiheitlichen Partei nicht nur aufgeschlossen gegenüber. Weit mehr: Wir plädieren dafür!

Claudia Wiechmann (FDVP) ist seit 1998 Mitglied des Landtags Sachsen-Anhalt


Kappel: Haider ist zum Symbol geworden

Wenn es darum geht, ob Deutschland endlich eine Partei braucht, die das vermiefte, durch und durch heuchlerische, etablierte Parteiensystem hierzulande aufweckt und an die Grundregeln der Demokratie erinnert, dann ja und dreimal ja.

Nichts ist für die demokratische Zukunft unseres Landes inzwischen wichtiger als das freiheitliche Prinzip. Freiheit im Denken! Freiheit in der Meinungsäußerung! Freiheit im Handeln! Im Land der perfektesten "Politischen Korrektheit", die es je gab, wo jedes Andersdenken, Andersreden und Andershandeln in Bausch und Bogen abgewertet, diffamiert oder gar verfolgt wird, ist es allerhöchste Zeit, daß endlich laut und deutlich das "so nicht, Freunde..." erklingt.

Bei dem Namen "Freiheitliche Partei" kommt, ob man es will oder nicht, die Assoziation Jörg Haider. Er hat die FPÖ im Nachbarland Österreich erfolgreich bis in die Regierungsbeteiligung geführt. Er hat auch den unfairen Attacken aus der EU, bei denen die politische Repräsentanz der Bundesrepublik eine recht erbärmliche Rolle spielte, erfolgreich widerstanden. Mag an der Person Jörg Haider auch das eine oder andere zu kritisieren sein, er ist inzwischen zum Symbol geworden. Und dieses Symbol verkörpert längst die Hoffnungen vieler Deutscher.

Eine FPD kann aber nur erfolgreich sein, wenn sie nicht von radikalen und extremistischen Elementen in Mißkredit gebracht wirt. Wir sehr in Deutschland hier vielseitige Aufmerksamkeit geboten ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Dr. Heiner Kappel (BFB) ist Bundesvorsitzender des Bund Freier Bürger


Mechtersheimer: Naiv ist eine Glorifizierung der FPÖ

Deutschland fehlt dringend eine Partei, die dem aufkeimenden Protest gegen Entdemokratisierung und Entnationalisierung politische Wirksamkeit verschafft. Dieser Protest wächst europaweit. Die politischen Träger müssen in jedem Land anders aussehen; sonst bleiben sie erfolglos.

Naiv wäre eine Glorifizierung der FPÖ. Die Art, wie man die jetzt bei der dänischen Euro-Befragung so erfolgreiche Pia Kjaersgaard kürzlich in Wien behandelte, ist hoffentlich nicht symptomatisch. Unverständlich ist freilich, daß FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser das Ergebnis der Volksbefragung bedauerte. Wenigstens ist Jörg Haider bislang eine Garantie dafür, daß die Freiheitlichen nicht so wie die Grünen in Deutschland ihre Grundsätze allesamt in hohem Bogen über Bord werfen, wenn sie in der Regierung sitzen.

Vorbildlich ist die Wandlung der FPÖ zu einer Bewegungspartei. Nur dann, wenn eine Partei nicht von mächtigen Gruppen, sondern vom Volk abhängig ist, besteht die Chance für eine Demokratisierung des Parteienstaates.

Weil die Hindernisse für den Veränderungsprotest besonders hoch sind, wird eine neue Partei später kommen als in den anderen europäischen Ländern. Hoffen wir, daß sie so gemäßigt ausfällt wie Haiders FPÖ.

Dr. Alfred Mechtersheimer ist Vorsitzender der "Deutschlandbewegung"


Schlierer: Angebot zur Zusammenarbeit

Eine Reformpartei von der Stärke der FPÖ wäre sicher gut für Deutschland. Der Versuch, das Modell FPÖ auf Deutschland zu übertragen ist aber, wie das Beispiel des Bund Freier Bürger oder des nationalliberalen Flügels in der FDP zeigt, gescheitert.

Jede politische Partei, die in Deutschland aktiv gegen die Massenzuwanderung oder für der FPÖ vergleichbare Positionen eintritt, wird von den Altparteien unter massiven Druck gesetzt, zu dem es kein Pendant in Österreich gibt.

Auf der anderen Seite wächst in der deutschen Bevölkerung das Bedürfnis nach einer Partei, die die Interessen der Deutschen vertritt und der Tabuisierung bestimmter Bereiche der Politik durchbricht.

Ob die Republikaner diese Partei werden können, möchte ich an dieser Stelle einmal dahingestellt lassen. Wir Republikaner werden uns aber, sollte es tatsächlich zu einer Ausdehnung der FPÖ auf Deutschland kommen, einer Zusammenarbeit mit der FPÖ nicht verschließen.

Dr. Rolf Schlierer ist Chef der Republikaner und seit 1992 MdL in Baden-Württemberg


Fromme: Wir brauchen keine Rechtspopulisten

Wir benötigen keine FPÖ in Deutschland. Das konservative Spektrum wird von der CDU und der CSU abgedeckt. Sie müssen allerdings ihre Kompetenz auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik und der Grundwerte wieder stärker herausstellen. Wir brauchen keinen Rechtspopulismus, sondern müssen die sachpolitischen Alternativen zur Regierungskoalition, die auf allen Feldern vorhanden sind, aufzeigen. CDU und CSU müssen deutlich machen, daß die sich abzeichnende Annäherung von SPD und PDS ebenso politisch bekämpft werden muß wie der Rechtsradikalismus. Die Union kann und muß sich gegen Rechts und Links als die mittlere demokratische Kraft profilieren, dann ist eine FPÖ in Deutschland überflüssig.

Jochen-Konrad Fromme (CDU) ist seit 1998 Mitglied des Bundestages


Weiß: FPÖ in Deutschland überflüssig

Die Gründung einer FPÖ Deutschland halte ich genauso wie Ihre Frage nach einer bundesweiten Ausdehnung der CSU für unnötig und letzlich auch erfolglos. Insofern muß ich der Äußerung von Jörg Haider in der Tagszeitung Die Welt klar und deutlich widersprechen. Deutschland kennt nicht wie Österreich eine ewig dauernde Koalition. Bei uns kann im Bund wie in den Ländern durch klare Richtungsentscheidungen der Wählerinnen und Wähler ein demokratischer Richtungswechsel durchgeführt werden. Um einen solchen Wechsel möglich zu machen, bedarf es keiner FPÖ.

Peter Weiß (CDU) ist seit 1998 Mitglied des Bundestages


 
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