© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Frisch gepreßt

Graf Krockow.Der rastlos schreibende Christian Graf von Krokkow blickt auf sein Leben zurück, das 1927 im hinterpommerschen Kreis Stolp begann, ihn 1947 als Vertriebenen nach Göttingen führte, wo er als Schüler Helmuth Plessners mit einer zeitgemäßen, gegen Schmitt–Jünger –Heidegger gerichteten Studie promovierte, die den Weg auf einen politikwissenschaftlichen Lehrstuhl ebnete, der ihm 1968 nicht mehr behagte, so daß er das Wagnis freier Autorschaft riskierte. Leider gelingt es ihm in seinen Me- moiren nur (und erneut), die Kindheit in der "vormodernen" Geborgenheit ostelbischer Gutsherrschaft atmosphärisch zu verdichten und dabei ein einfühlsames Porträt der Preußin Emmy von Krockow, geborene von Putt- kammer,seiner Mutter (welch eine Physiognomie!), zu zeichnen. Ansonsten rächt sich seine "frühe Lebensprägung zum Einzelgänger", denn fast autistisch verschlossen durcheilt er die westdeutschen Lebenswelten. Gerade dieser habituelle Autismus prädestinierte ihn aber auch zum erfolgreichen Verfasser "oberflächlicher Essays" (FAZ) nach Art seiner jüngsten Churchill-Biographie ("Erinnerungen. Zu Gast in drei Welten", DVA, Stuttgart-München, 350 Seiten, 42 Mark).

Ostpreußen heute. 1996/97 hat René Nehring in Königsberg studiert und den Kaliningrader Oblast erkundet. Sein Erfahrungsbericht quält den sprachempfindlichen Leser, mutet dem Kenner ostpreußischer Geschichte eine Fülle von Falschinformationen zu und bleibt bei der Beschreibung von Land und Leuten leider oft dem Klischee verhaftet. Trotzdem sollte man diese, in seiner Generation krass atypische Annäherung des 1975 in der DDR geborenen Ostpreußen-Enthusiasten an die Heimat des Wehlauer Großvaters mit Nachsicht behandeln ("Namen, die man wieder nennt. Essays und Reportagen aus Ostpreußen", Edition Truso, Berlin 2000, 200 Seiten, 39,95 Mark).


 
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