© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
UMWELT
Je mehr Flugzeuge, desto weniger Fluglärm
Volker Kempf

Mehr Verkehr auf die Schiene bringen und Maßnahmen gegen Fluglärm ergreifen – so lauten Standardbotschaften grüner, manchmal auch roter oder schwarzer Politiker – vor und nach dem Regierungswechsel. Mit viel Prominenz wurde etwa am vergangenen Wochenende die "Schlömer Kurve" eingeweiht und damit die fränkische Festspielstadt Bayreuth ans ICE-Netz angeschlossen.

Wünsche der Wähler nach einer grünen und heilen Welt werden so verbal bedient, der Ausbau deutscher Flughäfen gleichzeitig beschlossen. Eine Verdoppelung des Flugverkehrs in den nächsten 15 Jahren kalkuliert auch die rot-grüne Bundesregierung ein. Nur noch gönnerhaft klingt da der Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD), wenn er verständnisvoll äußert: "Ohne Zweifel ist Fluglärm eine hohe Belastung für Anrainer". Nach dem Motto "Du hast recht und ich meine Ruhe" schreitet der abgewählte saarländische Ministerpräsident zur Tagesordnung über und freut sich über angeblich mehrere hunderttausend Arbeitsplätze durch den Ausbau deutscher Flughäfen: "Das ist ein Stück Industriepolitik für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum."

Da fragt man sich schon: Sollen Maßnahmen gegen Fluglärm ergriffen werden oder das Wirtschaftswachstum mit den Flugzeugen gen Himmel steigen? Klimmt will beides vereinen und tut so, als sei die Zunahme des Flugverkehrs geradezu die Vorbedingung für bessere Nachtflugverbote. Nur in der Politik kann man sich derart logische Schnitzer leisten. Fragt sich nur noch, wann bei Thomas Gottschalk in der ZDF-Unterhaltungssendung "Wetten, daß ..." der erste Kandidat auftritt, der verspricht, noch doppelzüngiger reden zu können als unsere Profipolitiker.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen