© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/00 15. September 2000

 
Er wollte durch Feuer reinigen
Ivan Denes

In den psychiatrischen Abteilungen der Jerusalemer Krankenhäu-ser sind sogenannte "Heilsretter" keine Seltenheit: Manch verwirrtes Gemüt wird vom Gang über die Via Dolorosa oder vom Besuch der uralten Klagemauer derart erschüttert, daß er sich selbst plötzlich als Jesus Christus, als ein Apostel, als König David oder als Prophet empfindet, entsprechend agiert und folgerichtig in der Psychiatrie landet.

Am häufigsten tauchen in den geschlossenen Abteilungen Patienten auf, welche die Menschheit von all ihren angeblichen "Sünden" erlösen wollen. In der rauschenden, lebenslustigen Sündenmetropole Tel Aviv ist jedoch der Seelenretter eine ungewöhnliche Erscheinung. Wenn dann der Versuch, die Menschheit aus den Krallen der Sünde zu retten, ins Kriminelle entartet, wird er zur Sensation.

Juri Baruchin, 34 Jahre alt, Computer- und Informationstechniker, wohnhaft in Yad Elijahu, wurde Ende vergangenen Monats verhaftet. Er gestand, im Verlauf der letzten Monate insgesamt neun Tel Aviver Bordelle angezündet zu haben! In einer von ihm entfachten Feuerbrunst – in einem "Freudenhaus" in der Tel Aviver Golomb-Straße – starben im Juli sogar vier Prostituierte.

Offensichtlich vom "Sündenpfuhl" im Heiligen Land empört, gab der religös verwirrte Mann als Grund seiner neun Brandstiftungen die Absicht an, die israelische Regierungsstadt Tel Aviv "reinigen" zu wollen. Bei seiner Verhaftung wurde bei ihm eine Liste aller einschlägigen Tel Aviver Etablissements gefunden sowie Unterlagen und Materialien für das Zusammenbasteln weiterer Brandbomben.


 
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