© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/00 08. September 2000


Schneidige Maßnahmen
von Dieter Stein

Die Berliner Regierung greift durch. Die neue Lust an schneidigen Maßnahmen findet immer mehr Freunde. So hat der leidenschaftliche Motorradfahrer Peter "Easy Rider" Struck, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, den kernigen Vorschlag gemacht, "Rechtsextremisten den Führerscheinerwerb zu erschweren". Ausländerfeindlichen Straftätern sollte er wegen "fehlender charakterlicher Eignung" verweigert werden. Struck ist überzeugt, daß Jugendliche die Androhung, "wer Ausländer verprügelt, bekommt erst in zehn oder 15 Jahren einen Führerschein", stärker beeindrucken werde als andere Maßnahmen.

Ein anderer Vertreter der Regierungsparteien hat vorgeschlagen, "Rechtsextremisten" Mietverträge zu kündigen. Neonazis Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu verweigern ist ein Vorschlag, der bereits einige Tage älter ist und unter Arbeitgebervertretern, Gewerkschaftern und Politiker allseits große Begeisterung und Zustimmung ausgelöst hat. Mit anderen Worten: Wir leben in einem Land, das mit seinen gesellschaftlichen Problemen heiter und gelassen umzugehen weiß. Von Nervosität überhaupt keine Spur. Man ist sichtlich darum bemüht, kühlen Kopf zu bewahren, und scheut übereilte Schritte.

Nach weiterer längerer Überlegung werden sicher noch klügere Vorschläge auf den Tisch kommen. Da die Desorientierung von Deutschen weit früher einsetzt als befürchtet (Hamburger Morgenpost: "Schon Kinder bei Neonazis!"), sollte man erwägen, Rechtsextremen die Zulassung zur Grundschule zu verweigern. Und später entmündigen und ab in die Psychiatrie. Diese Vorschläge werden kommen. Todsicher.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen