© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/00 01. September 2000

 
Internet: Ein "NetzGegenRechts" schlägt Alarm und "Die Welt" ist dabei
Ringelpiez mit Anfassen
Manuel Ochsenreiter

Kürzlich im Internet-Café: Nachdem die Chipkarte ausgehändigt wird, kommt der freundliche Hinweis des Personals, man hätte aufgrund der momentanen Situation sämtliche rechten Seiten gesperrt. Das reizt natürlich zum Nachfragen. Wie haben die denn das gemacht? Alle verdächtigen Domains durchgesurft und gesperrt mit einer sogenannten Nanny-Software, die normalerweise Kinder vor Sex-Angeboten im Netz schützen soll? Nein, ein Filterprogramm sei installiert, welches auf einschlägige Begriffe anspringt! Wie zum Beispiel "NPD", " Ausländer raus!" u.s.w. Folge: Selbst völlig antirechte Online-Nachrichten mit dem Inhalt:"NPD-Anhänger skandierten:` Ausländer raus`!" sind nicht mehr abrufbar

Ein Beispiel unter vielen, wie comichaft der "Kampf gegen Rechts" inzwischen wurde. Vor allem das Thema Internet spielt dabei heute die führende Rolle.

Seit kurzem gibt es ein Informationsportal gegen Rechts im Internet, auf dem sämtliche Medien gemeinsam Aufklärungsarbeit betreiben wollen. Kämpferisch ganz im Ton aktionistischer Initiativen heißt es bei der von der Wochenzeitung Die Woche ausgehenden Kampagne: NetzGegenRechts.de. Es begann mit einer Forderung. Angesichts der Gewalttaten von Rechtsextremisten und ihrer zunehmenden Propaganda im Internet plante die Redaktion einen Streitfall: "Online-Allianz gegen Rechts!" E-Commerce-Firmen und Provider sollten dazu Stellung nehmen, ob sie ein freiwilliges Bündnis schließen, um mit Hilfe einer Taskforce gegen rechte Inhalte im Netz vorzugehen. Prompt setzte der neue Startup-Verband enef ( www.enef.org ) die These um und gründete die Aktion "Start ups gegen Rechts".

Diese "Taskforce gegen rechte Inhalte" kann inzwischen auf einen großen medialen Unterstützerkreis zählen, zu dem auch die deutsche Presseagentur und das ZDF gehören.

Das Prinzip ist so einfach wie enttäuschend. Statt eines übersichtlichen Informationsangebots handelt es sich um ein Netz mit gegenseitigen Verweisen auf die eigenen erschienen Artikel. Diese sind dann etwa interessant, wenn man noch nicht weiß, daß der NRW-Innenminister Behrens tatsächlich als Kampfmaßnahme gegen "Rechts" mehr Einbürgerungen forderte, oder daß NRW-Verlierer Rüttgers mediengeil Roland Koch kritisierte, weil dieser doch tatsächlich behauptete, Deutschland sei kein rechtsradikales Land.

Doch auch sonst scheint das Projekt und dessen Informationsstand weit am tagesaktuellen Anspruch vorbeigeschossen. So ging an der engagierten Redaktion bis jetzt vorbei, daß es eine Zeitschrift mit dem Titel Europa vorn nicht mehr gibt, sondern sie schon seit Ewigkeiten Signal heißt. Oder hat da jemand etwa nur die Inhalte aus anderen schlecht gewarteten und aktualisierten Antifa-Seiten rüberkopiert? Oder steckt etwa das Duisburger Institut für Sprache und Sozialforschung (DISS) dahinter?

Mit ein paar Mausklicks weiß man schnell mehr über das vermeintlich demokratische Informationsportal. Denn dort holt man sich gerne Unterstützung bei altbekannten Kadern. So verlinkt man sich ohne Scheu zur Vereinigung Verfolgter des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), einem Verein, der seit Jahr und Tag im Verfassungsschutz als orthodox-kommunistisch erwähnt wird und so kann man weiterlesen gewaltbereite Autonome bei sich sammelt.

Der letzte objektive Lack an diesem Informationsportal bröckelt dann ab, wenn man schaut, welche Domains sich die Macher noch so reserviert haben. Denn beim deutschen Domain-Verzeichnis Denic ( www.denic.de ) findet man prompt auch die Seite LinksGegenRechts bei derWoche registriert. Die Seite selbst ist allerdings noch ohne Inhalt.

Dennoch überrascht es kaum mehr, daß bei diesem Linksaußen-Ringelpiez-Mit-Anfassen selbst an und für sich seriöse Zeitungen, Sender und Agenturen mitmachen.

Einzig und allein fragt man sich, wann endlich jemand mit bestimmten ständig verbreiteten Dummheiten zum Thema Rechtsextremismus im Netz aufräumt. Wieso wird es immer noch als ein Recherchewunder betrachtet, wenn man den Betreiber einer bestimmten Homepage ermittelt? Jede Domain ist eindeutig zuzuordnen, dadurch sind auch strafrelevante Inhalte den Personen anzulasten, ohne auch nur ein einziges Sondergesetz einzuführen. Auch die von den Innenbehörden verbreitete Behauptung, rechte Seiten im Web hätten plötzlich zugenommen, ist nachweislich falsch und diente wohl lediglich zum Anheizen der Kampagne.

Explosionsartig zugenommen haben höchstens antirechte Seiten und Initiativen, wie zum Beispiel die "Girlies gegen Rechts"! Originell auch eine Seite, die die Alpenland GmbH in Grafrathverantwortet. Auch dort springt man auf den Antifa-Zug auf und startete eine "Aktion gegen Rechts – Initiative gelebte Freundschaft". Der muffelige und latent faschistoide Deutsche soll sich dort in eine Datenbank eintragen lassen, um demnächst Ausländer zum Essen einladen zu können, die einem die Seite vermittelt.

Ob sich die Alpenland GmbH riesig über die- wenn auch noch nicht zahlreichen- Daten und Email-Adressen für eventuelle Werbezwecke freut, kann noch nicht gesagt werden. Jedenfalls stehen bei Redaktionsschluß 36 potentiellen Deutschen Gastgebern erst elf ausländische Gästen gegenüber, von denen auch noch sechs als Nationalität deutsch angeben.Wieder im Internet-Café, kann man seine eigene Kreativität testen und erstaunt über die mehr als simplen Umgehungsmöglichkeiten der Filter-Software: Trotz des technisch einwandfreien Programms ist es mit drei, vier Mausklicks getan, beim Ku-Klux-Klan zu landen, denn dort steht ja weder "NPD" noch "Ausländer Raus!"


 
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