© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/00 01. September 2000

 
Sinnloser Selbsthaß
Holland: Werbekampagne sorgt nur im Nachbarland für Wirbel
Steffen Königer

Nun haben es auch die Holländer erfahren: Die Deutschen sind wild entschlossen, sich selbst in jeder Hinsicht zu geißeln. So kam es in der vergangenen Woche zu einer sehr merkwürdigen Werbekampagne der Nordwestdeutschen Klassenlotterie (NKL) in Holland. Um neue Kunden zu gewinnen stellte das deutsche Unternehmen einen Brief aus, mit welchem glücksspielfreudige Holländer angesprochen werden sollten. Dabei schreckte Jörg Schindler, ein Werbetexter für die Nordwestdeutsche wie für die Südwestdeutsche Klassenlotterie (SKL), nicht davor zurück, das Wort "Moffen" zu benutzen.

Dieses Wort wurde in der Zeit der deutschen Besetzung Hollands als Schimpfwort für "Deutscher" benutzt. Nach dem Krieg sind Frauen, die mit Deutschen befreundet oder heiratet waren, mit kahlrasierten Köpfen durch die Straßen getrieben und als "Moffengriet" beschimpft worden.

In dieser Werbekampagne druckte die NKL auf schwarze Briefkuverte die Aufschrift "De Moffen kommen". Öffnete der Empfänger es, wurden die potentiellen Gewinner darüber informiert, daß sie sich für nähere Auskünfte an die "Moffen-Hotline" wenden oder die angeheftete Karte an die Abteilung "Moffen raus" schicken sollten. Zur Krönung des ganzen könne man auch auf die Briefmarke verzichten, denn "der Tod kostet nichts".

Besonders bestürzend ist nun, daß der erste Widerspruch nicht etwa von deutscher Seite zu vernehmen war, sondern sich erst zahlreiche holländische Bürger bei jener Hotline melden mußten, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Die Reaktionen der Anrufer verlief aber anders, als man es sich von deutscher Seite anscheinend erhoffte, denn anstelle von mehr ausgefüllten Lottoscheinen traten eindeutige Formulierungen in den holländischen Zeitungen. So kommentierte das Algemeen Dagblad am Mittwoch auch diese Aktion mit den Worten: "Deutsche diskriminieren Deutsche".

Aufgrund von vielen Hinweisen aus der Bevölkerung prüft jetzt die Justiz in Dordrecht, ob sich die Urheber der ganzen Werbekampagne der Diskriminierung schuldig gemacht haben. Wahrlich ein Beitrag zur Völkerverständigung, wenn schon unsere Gesetzeshüter in dieser Hinsicht zu schlafen scheinen, daß sich wenigstens unsere Nachbarn darum kümmern.

Während die Deutsche Botschaft den Vorfall unbegreiflich fand und von einer Geschmacklosigkeit sprach, erklärte der Urheber von der Lotterie, dies sei doch nur satirisch begründet gewesen. Es sei doch nicht so schlimm, wenn sich ein Deutscher selbst einen "Moff" nennt, dies sei doch eine Art von Humor.

Aber vielleicht überträgt sich diese Art von Humor ja auch auf das restliche Volk. Es wäre zumindest eine Lachnummer, wenn sich demnächst deutsche Boxer im Ring selbst verprügeln um so den anderen zuvorzukommend die Arbeit abzunehmen.


 
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