© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/00 18. August 2000

 
UMWELT
Richtig dosiertes Dosenzwangspfand
Holger Nutzinger

Es ist ärgerlich, ansehen zu müssen, wie achtlos manche Mitbürger ihren Müll entsorgen. Kürzlich besonders beeindruckend der jugendliche Punker, der als Teilnehmer an einer Demo gegen Rechts seine heisere Stimme mit Dosenbier abkühlte, die leere Dose akkurat vor sich auf den Gehweg der Fußgängerzone stellte und verschwand. Wild abgelagerter Müll, den man bei Wanderungen durch Wald und Wiesen antrifft, betrübt nicht nur das Herz des deutschen Romantikers, sondern seit kurzem auch das des Umweltministers Trittin. Zwangspfand lautet seine Lösung, um der "Vermüllung der Landschaft mit weggeworfenen Dosen" Einhalt zu bieten.

Ökologisch besser wäre laut einer Studie des Umweltbundesamtes das generelle Verbot von Getränkedosen. Sie stehen an letzter Stelle der vergleichenden Ökobilanz von Mehrwegflaschen aus Kunststoff, Mehrwegflaschen aus Glas, Getränkekartons, Einwegflaschen aus Glas und Getränkedosen. Soweit will Trittin allerdings nicht gehen. Zu stark wäre auch der Widerstand der Getränkeindustrie, der mitentscheidenden Bundesländer und anderer Dosenlobbyisten. Auch eine gesetzlich vorgegebene Quotierung der einzelnen Verpackungsarten böte sich als Lösungsmöglichkeit an. Trittin wählt aber wundersamerweise das marktwirtschaftsnahe Mittel des Zwangspfands. Es läßt sich schnell einführen (wohl ab 2001) und funktioniert, wie etwa Schweden und zahlreiche US-Bundesstaaten beweisen. Entscheidend für den umweltschützerischen Erfolg dürfte jedoch die Pfandhöhe sein. Mit fünf Pfennig pro Dose überzeugt man keinen Punker zum Gang zur nächsten Pfandstation. Bei fünfzig Pfennigen würde er vielleicht sogar anfangen, weggeworfene Dosen selbst einzusammeln.


 
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