© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/00 11. August 2000

 
Zeichentrick der neuen Generation
Kino I: "Titan A.E." von Don Bluth und Gary Goldmann
Claus-M. Wolfschlag

Ein Zeichentrickfilm der neuen Ge neration ist auf die deutschen Leinwände geraten und dürfte vor allem Comic-begeisterte Kinder und Jugendliche anziehen. Alles beginnt im Jahr 3028: Die Menschheit scheint Müllberge, Ölpest, Waldsterben und das Ozonloch anscheinend erfolgreich gelöst zu haben, so daß der fünfjährige Cale in einem Stück unberührter Natur spielen kann.

Doch was der kleine Cale nicht ahnen kann, die Idylle ist von kurzer Dauer: Der Planet Erde ist in Gefahr. Nicht die Menschen in ihrem Fortschrittswahn allerdings sind hierfür verantwortlich, sondern die außerirdischen Drej, eine Spezies von Killeraliens mit hochentwickelter Intelligenz und alles vernichtenden Waffen. Der Angriff der Drej wird das Ende der Erde bedeuten, denn diese sind gerade dabei, den Planeten mit Hilfe eines Energiestrahls zu zerschmettern. Auf Raumschiffen verläßt die Menschheit fluchtartig die Erde. Cales Vater gibt den Jungen in die Obhut eines befreundeten Außerirdischen und hinterläßt ihm zum Abschied noch einen geheimnisvollen Siegelring, um daraufhin an Bord des großen Raumschiffes Titan von dannen zu fliegen.

Fünfzehn Jahre A.E. (after earth) ist der kleine Cale auf einer Raumstation zu einem stattlichen, rauflustigen jungen Mann herangewachsen und verdient sich sein Geld als Bergungsarbeiter. Der eintönige Alltag des Jungen ändert sich, als Korso, Kapitän des Raumschiffs Walküre, auftaucht und dem Jungen offenbart, ein Freund seines Vaters gewesen zu sein. Cale solle sich dem Haudegen anschließen und mit Hilfe des magischen Ringes das versteckte Raumschiff Titan finden, welches das Fortbestehen der bedrohten Menschheit sichern könnte. Die Wahl fällt schwer: Cale verliebt sich in die junge Akima, die auf Korsos Schiff Dienst leistet, und begibt sich kurzentschlossen auf eine abenteuerliche Reise durch fremde Welten. Immer wieder werden sie verfolgt von den Drej, bis es Cale und Akima schließlich zu gelingen scheint, durch die Nutzung geretteter DNS-Stränge eine neue Erde zu gestalten.

Was machen wir uns heute also Sorgen um Fluglärm oder Umweltschutz: Im Jahr 3043 wird vermutlich alles wieder gut – dank Cale, Akima und der modernsten DNS-Analyse. Adam und Eva werden auf höherem technischen Niveau die Welt noch einmal von vorn entstehen lassen. Doch vielleicht liegt noch etwas anderes hinter der oberflächlichen Botschaft dieses Jugendfilms: Die Drej, die Invasoren von außen, sind möglichenfalls nur das versteckte innere schlechte Gewissen der Menschen. Wo der Mensch in der bunten Comicwelt fast nur als guter Beschirmer des Lebens und der Natur auftritt, muß das Böse einfach von außen kommen, darf nur widerlich und seelenlos aussehen. Doch die Drej stecken ja möglichenfalls in uns. Eine Überlegung, die die meisen Zuschauer derartig einfach konstruierter Geschichten allerdings nicht anstellen dürften.

So ist denn auch weniger die Handlung des Streifens interessant, als vielmehr die neuerprobte Zeichentrick-Technik. Mit den Regisseuren Don Bluth und Gary Goldman kamen zwei renommierte Animationsfilmer aus der Disney-Schule zum Zuge. Computer- und klassische Folienanimation wurden nahtlos miteinander verknüpft. 3-D und 2-D wurden zu einem neuen Trickfilmdesign verbunden. So tragen zum Beispiel in einigen Sequenzen 2-D-Figuren 3-D-Raumanzüge oder reiten auf 3-D-Raumvehikeln. Die Innenausstattungen, die weitläufigen und teils sehr bizarren Weltraumpanoramen, die Planeten und Raumschiffe erscheinen dreidimensional, die Figuren allerdings wurden in klassischer 2-D-Zellenanimantion kreiert, die an alte Comics erinnert. Zudem stellten sich für die englischsprachige Originalversion bekannte Sprecher zur Verfügung: Matt Damon für Cale, Bill Pullman für Korso und Drew Barrymore für Akima.

Mit "Titan A.E." ist ein Streifen auf immerhin relativ hohem technischen Bearbeitungsstand herausgekommen, der allerdings nur jüngere Freunde des Zeichentrickfilms inhaltlich und ästhetisch hinreichend begeistern dürfte.


 
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