© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/00 21. Juli 2000

 
Auf dem Grünen Hügel bricht eine neue Ära an
Am 25. Juli beginnen die diesjährigen Richard-Wagner-Festspiele / Jürgen Flimm inszeniert den "Ring des Nibelungen"
Andreas M. Daniel

Mit einer Aufführung der "Parsi fal"-Inszenierung des knapp 81jährigen Richard-Wagner-Enkels und Festspiel-Patriarchen Wolfgang Wagner beginnen am 25. Juli die 89. Richard-Wagner-Festspiele im oberfränkischen Bayreuth. Das Interesse des Publikums der diesjährigen Festspiele auf dem Grünen Hügel dürfte sich aber vor allem auf eine Neuinszenierung von "Der Ring des Nibelungen" unter der Regie von Jürgen Flimm konzentrieren.

Der erst kürzlich verabschiedete langjährige Intendant des Hamburger Thalia-Theaters und künftige Schauspielchef bei den Salzburger Festspielen versucht sich erstmals an einem Werk Richard Wagners. Und Flimm wagt sich gleich an dessen monumentalste und vielschichtigste Schöpfung. An vier Abenden mit rund 16 Aufführungsstunden wird der gebürtige Rheinländer seine Interpretation des Götter- und Menschendramas um Wotan, Siegfried und Brünnhilde entwickeln. Bekannt ist schon jetzt, daß der 59jährige Regisseur unter der musikalischen Leitung des Italieners Giuseppe Sinopoli die verwickelte Handlung der Tetralogie in der Gegenwart ansiedelt. Flimm will damit die Aktualität der erstmals 1876 aufgeführten Oper unter Beweis stellen. Besetzt ist die Schlüsselfigur des Wotan in der Neuinszenierung mit dem Amerikaner Alan Titus. Brünnhilde wird von Gabriele Schnaut und Siegfried von Wolfgang Schmidt verkörpert.

Einen stimmlichen Höhepunkt verspricht der zweite "Ring"-Abend: In der Oper "Die Walküre" treten die Weltstars Placido Domingo und Waltraud Meier als Wälsungen-Paar Siegmund und Sieglinde auf. Ebenfalls auf dem Programm steht auch in diesem Wagner-Sommer wieder die letztjährige Neufassung von "Lohengrin" des Briten Keith Warner.

Neben dem späten Bayreuth-Debüt von Jürgen Flimm sehen die Wagnerianer vor allem dem ersten Auftritt des jungen Dirigenten Christian Thielemann mit großen Erwartungen entgegen. Thielemann hat sich in Berlin bereits einen Namen gemacht, gilt als eher konservativ eingestellt und leitet die sechs diesjährigen Aufführungen der alten, häufig als leicht verstaubt bemängelten "Meistersinger"-Inszenierung Wolfgang Wagners. Für Thielemann wird es vielleicht der Beginn einer mit seinem Namen verbundenen neuen Ära auf dem Grünen Hügel.


 
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