© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/00 21. Juli 2000

 
Zwei politische Veteranen beim Nachdenken
Franz Schönhuber und Horst Mahler veröffentlichten gemeinsamen Gesprächsband "Schluß mit deutschem Selbsthaß"
Thomas Hartenfels

Für die Berliner Presse war es ein Ereignis: Immerhin hat der oberbayerische Verleger Gerd Sudholt (Verlagsgemeinschaft Berg)in ein Wilmersdorfer Hotel geladen, um ein Buch mit erheblichem politischen Unterhaltungswert vorzustellen. Daß es sich um ein äußerst brisantes Buch zu handeln scheint, machte Sudholt gleich deutlich, indem er die rund zwei Dutzend Journalisten bittet, den Namen des Hotels auf Wunsch der Hotelleitung nicht zu veröffentlichen. Vom älteren der beiden Autoren wird dies mit einem ironischen "Deutsche Tapferkeit!" kommentiert. Die taz läßt es sich selbstverständlich nicht nehmen, zur Strafe den Namen des Hotels am nächsten Tag genüßlich zu erwähnen.

Von den beiden schillernden Veteranen der politischen Linken und Rechten, die sich auf Einladung des Verlegers ein literarisches Stelldichein gaben, hat mindestens einer solide Erfahrungen in Konspiration: Horst Mahler, Rechtsanwalt, RAF-Gründer und als Terrorist jahrelang inhaftiert, sowie Franz Schönhuber, Ex-Fernsehjournalist, Gründer und langjähriger Vorsitzender der Republikaner.

"Schluß mit deutschem Selbsthaß", heißt der Titel des gemeinsamen Buches, in dem Schönhuber und Mahler in Dialogform über Vergangenheitsbewältigung, Überfremdung, Kulturverfall und vieles mehr diskutieren. Der besondere Reiz des Buches geht von der abenteuerlichen Liaison zweier Männer grundverschiedenen Werdeganges aus.

Während der Konferenz im pastellfarbenen Kaminzimmer mit dezenter Deckenbeleuchtung gibt Mahler den tiefschürfenden Theoretiker, der Überlegungen über Reichsverfassungsreform und Monarchie anstellt, während Schönhuber die Rolle des fast schon gemäßigten Praktiker spielt und sich vorsichtig von Mahlers Radikalität absetzt.

Die JF wollte von den Autoren wissen, worin ihr gemeinsames Ziel besteht. Mahler meint, ein "vermittelndes Moment in der politischen Denklandschaft" zu plazieren, und Schönhuber beabsichtigt "vor allem Fragen aufzuwerfen, ohne fertige Antworten zu liefern". Während Mahler aber ein "Nachdenker" sein will strebt Schönhuber die Rolle des "Vordenkers im patriotischen Bereich" an.

Ambiente und Auftreten der beiden dunkelgekleideten Herren künden bereits von besseren Zeiten, in denen sie sich endlich auf staatsmännischem Parkett, statt in verrauchten Hinterzimmern bewegen können. Ein kleiner, wohl bewußter Stilbruch im preußischen Berlin lag noch im Auffahren von Weißwürsten, Weißbier und Brezn vor, doch der Zuspruch der Pressevertreter war hier größer als bei dem Angebot, Fragen an die beiden Autoren zu stellen. Nachdem die letzte Wurst im Magen eines Reporters verschwunden war (ob der taz-Reporter zutzelte oder schnitt, war nicht zu erkennen, reichlich süßer Senf landete auf seinem Teller), nahm das Angebot anschließender Einzelinterviews nur das NPD-nahe Zentralorgan  war, das Schönhuber ausführlich befragte.

 

Franz Schönhuber/Horst Mahler: Schluß mit deutschem Selbsthaß. Plädoyers für ein anderes Deutschland. VGB-Verlagsgesellschaft Berg 2000, 256 Seiten, Abb., 29,80 Mark.


 
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