© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/00 14. Juli 2000

 
Blick in die Medien
Prinz Pipi
Ronald Gläser

Die Berichterstattung über den Welfenprinz Ernst August von Hannover nimmt immer groteskere Züge an. Selbst Politiker sehen sich veranlaßt, sich öffentlich über den streitbaren Vertreter des deutschen Hochadels äußern zu müssen. Der Geschmähte selbst antwortete kürzlich mit einer ganzseitigen Anzeige in der FAZ.

Kein Zweifel: Der als Prügelprinz verschrieene Adlige ist sicherlich alles andere als ein sensibler und verständnisvoller Interviewpartner. Trotzdem kann man die giftigen Ergüsse der Boulevardpresse gegenüber dem Niedersachsen nur noch als Medienhetze bezeichnen. Unter den Fernsehsendern hat sich vor allem RTL mit negativer Berichrerstattung über den Prinzen hervorgetan. Der Privatsender sandte vor einigen Tagen ein Kamerateam nach Hannover, um die "Pinkelszene" des Prinzen am türkischen Pavillon nachzustellen. Die Dreharbeiten wurden von Polizeibeamten unterbrochen. Der türkische Generalkonsul soll sich erbost über diese "erneute Verunglimpfung" seines Landes gezeigt haben. Doch RTL macht unverdrossen weiter. Neuerdings verbreiten die Kölner das Computerspiel "Prinz Pipi". Diese Figur ist ein angetrunkener Blaublütiger, der sich erleichtern möchte, aber keine Toilette findet. Also öffnet sich der Adlige die Hose und stellt sich an die nächste Ecke. Die nahenden Paparazzi kann "Prinz Pipi" nur mit seinem Regenschirm davon abhalten, das Bildmaterial zu veröffentlichen. Geschmacklosigkeit kennt keine Grenzen. Unterdessen hat die ganze Affäre dazu geführt, daß der türkische Pavillon zu einer Art Kultstätte geworden. Immer mehr Besucher lassen sich an der bekannten Stelle in Pinkelpose fotografieren.


 
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