© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/00 23. Juni 2000

 
Vater des Kreuzzugsgedankens
Edmund Burke und die Idee des modernen Weltanschauungskrieges
Ulrike Imhof

Daß der britische Jurist und Publizist Edmund Burke (1729–1797) sich mit seiner Kritik an den Ideen der Französischen Revolution als Erzvater des alteuropäischen Konservativismus profilierte, gehört zum ideengeschichtlichen Basiswissen.

Der Potsdamer Militärhistoriker Jürgen Angelow scheint sich also auf ein abgegrastes Feld zu begeben, wenn er nun einen Aufsatz mit dem Titel "Edmund Burke und die Französische Revolution" veröffentlicht (Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Heft 2/2000). Angelow widmet sich tatsächlich weitgehend bekannten Positionen Burkes, der erkannte, daß es sich in Frankreich um einen neuartigen Revolutionstyp gehandelt habe. Es sei nicht mehr um einen einfachen Regierungswechsel, sondern um eine radikale "Zerstörung und Dekomposition der ganzen Gesellschaft" gegangen.

Aus dieser Radikalität der revolutionären Aktion, so argumentiert Angelow fast im Geist von Ernst Nolte, ergebe sich Schärfe und Unbedingheit der Reaktion Burkes. Darum – und hier beansprucht Angelow, freilich unter Mißachtung der einschlägigen Arbeit von Hanno Kestings, auf ideengeschichtliches Neuland vorzustoßen – werde Burke fortgerissen zur Konzeption des modernen Weltanschauungskrieges.

Der bis 1789 eher liberale und erklärt pragmatische Burke entwickle in seiner Revolutionskritik ein erstaunliches Maß an politischem Fundamentalismus. Durch ihn käme der Kreuzzuggedanke in den Konnex der europäischen Mächtebeziehungen. Burke habe zu einem antirevolutionären Prinzipienkrieg aufgerufen, um den Jakobinismus an der Wurzel auszurotten. Europa müsse einen "heiligen Krieg" führen, einen "Kampf gegen die Feinde der Menschheit", die mit ihrer bewaffneten Ideologie den inneren Frieden aller europäischen Staaten erschütterten. Die Reaktion darauf könne nur der neuartige politisch-revolutionäre Krieg sein, der erst im 20. Jahrhundert zum "Markenzeichen totalitärer Außenpolitik" (Klaus Hornung) geworden sei. Burke riet dazu, den Boden Frankreichs zu betreten als käme man in ein Land von Mördern. Darum könnten die Kriegsregeln zivilisierter Nationen außer Kraft gesetzt werden. Denn es sei kein anderer Krieg möglich, als der "totale Krieg bis zur restlosen Vernichtung der zum Menschheitsfeind Nr. 1 erklärten Französischen Revolution". Natürlich könne es auch keinen Frieden mit diesem revolutionären System geben.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen