© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/00 16. Juni 2000

 
Breite Front gegen Rauschgifthändler
Sachsen-Anhalt: Interview mit dem CDU-Kommunalpolitiker Gerald Bieling über die ausufernde Drogenkriminalität in Bernburg
Jörg Fischer

Herr Bieling, bis vor kurzem kannten viele ihre Heimatstadt Bernburg nicht. Jetzt ist die Kleinstadt in Anhalt ins Gerede gekommen. (Die JUNGE FREIHEIT berichtete in der Ausgabe 23/00, S.5) Ist die Rauschgiftmafia wirklich so schlimm bei Ihnen?

Bieling: Unser sozialdemokratischer Landrat hat auf dem diesjährigen Neujahrsempfang gesagt, daß die Drogendelikte bei uns in den letzten drei bis vier Jahren um das siebzigfache zugenommen haben. Also, die Drogenmafia ist wirklich schlimm.

Ihre Bernburger CDU hat Angela Merkels Motto "CDU – Mitten im Leben" ernst genommen und mit der Unterschriftenaktion "Kein Asyl dem Drogendeal" den Nerv der Bernburger getroffen. Welchen Erfolg hatte Ihre Aktion bis jetzt?

Bieling: Wir haben bis jetzt – und das ist in einer Kleinstadt wie Bernburg nicht schlecht in so kurzer Zeit – weit über 1.000 Unterschriften von Bürgern aller politischen Couleur zusammenbekommen. Wenn man da am Stand steht und Unterschriften sammelt, sprechen einen die Leute ja auch an. Dabei geht es vorrangig nicht um CDU-Politik, sondern um das Problem der Drogenkriminalität, und das besorgt Wähler aller Parteien. Unsere Resonanz ist ganz hervorragend. Ich denke, der Erfolg gibt uns recht. Wir werden natürlich trotzdem noch weitermachen, denn es gibt überhaupt noch keine konkreten Anhaltspunkte, daß die Polizei nun verstärkt tätig wird. Der Polizei ist es ja meistens gar nicht anzulasten, die kann ja gar nichts dafür. Vielmehr ist es hier die Justiz oder der Gesetzgeber, der versagt. Bis nach der Sommerpause wird es ab und zu einen Stand auf dem Markt geben. Anschließend werden wir die Unterschriften dem SPD-Innenminister Püchel übergeben.

Der Ausländerbeauftragte von Sachsen- Anhalt, Günter Piening, findet hingegen Ihre Form des Kampfes gegen Rauschgiftkriminalität "ausländerfeindlich". Was hält die Landes-CDU von Ihrer Aktion?

Bieling: Herr Piening hat unseren CDU-Landesvorsitzenden Böhmer aufgefordert, sich von unserer Aktion zu distanzieren. Doch Professor Böhmer und die Landes-CDU stellt sich hinter uns, weil das Drogenproblem definitiv da ist.

Herr Piening kritisierte vor allem ein "Ordnungs- und Sicherheitskonzept für die Stadt Bernburg" aus dem Jahre 1999. Was ist aus dem kritisierten Konzept geworden?

Bieling: Herr Piening war völlig falsch informiert worden. Es gab mal ein Konzept für einen Kriminalpräventionsrat für Bernburg. Da sind ein paar dringende Probleme etwas drastisch beschrieben worden. Dieses Konzept – vom November´99 – ist nie offizielle Beschlußlage eines CDU-Gremiums gewesen, sondern ein Diskussionspapier von CDU-Mitgliedern. Und da wir eine demokratische Volkspartei sind, gibt es ein breites Meinungsspektrum. Einige sind etwas konservativer, und einige liberaler.

Die CDU hatte 1999 mit ihrer Aktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft hervorragende Wahlerfolge erzielt, etwa in Hessen. Wird die Unterschriftenaktion "Kein Asyl dem Drogendeal" auch auf andere Problemstädte ausgedehnt?

Bieling: Die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft organisierte die Bundes-CDU, weil es ein bundespolitisches Problem war. Wir haben unsere Unterschriftenaktion organisiert, weil wir ein spezifisch Bernburger Problem haben. Wir sind von Eltern angesprochen worden, deren Kinder in diesen Sumpf reingeraten sind. Die haben sich wirklich um Hilfe an uns gewandt: Leute, macht endlich mal irgendwas! Wenn andere Kreisverbände sich anschließen wollen, würden wir das natürlich begrüßen.

Die Bundesregierung plant, Rauschgift an Süchtige als "Medizin" abzugeben, die grüne Europa-Abgeordnete Ilka Schröder will sogar Schlepperbanden an Deutschlands Grenzen mit EU-Geldern subventionieren, denn diese Banden würden humanitäre Arbeit leisten. Ist Ihre Ansicht von Recht und Ordnung überhaupt noch auf der Höhe der Zeit?

Bieling: Es ist kein Mittel, sogenannte Fixerstuben einzurichten, denn dort spritzen sich die Leute wohl Zeug, das sie illegal erworben haben. Deswegen halten wir diese Liberalisierung von Drogen oder des Handels von Drogen für den völlig verkehrten Weg. Im Gegenteil, man muß da wirklich restriktiver vorgehen. Und der Vorschlag der grünen Abgeordneten ist ja an Dummheit nicht mehr zu überbieten.

 

Gerald Bieling ist seit 1988 Mitglied der CDU. Er ist Diplom-Ingenieur und Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Bernburg im Bundesland Sachsen-Anhalt. Seit 1999 ist er Kreisvorsitzender der CDU und seit 1994 Fraktionsvorsitzender im Kreistag.


 
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