© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/00 16. Juni 2000

 
Ein Familienkrach
Streit zwischen jungen und alten Ostpreußen
Moritz Schwarz

Offiziell war auf dem Deutschlandtreffen der Landsmannschaft Ostpreußen (LO) der Rausschmiß der eigenen Jugendorganisation "Junge Landsmannschaft Ostpreußen" (JLO) im Februar dieses Jahres kein Thema. Tatsächlich jedoch wurde auf Fluren und vor Saaltüren über und mit den Aktivisten der Verstoßenen diskutiert. Noch gibt es auch in der LO viele Mitglieder, die die Entscheidung des Bundesvorstandes zur Trennung von der Verbandsjugend nicht verstehen.

Angeblich hatte in den letzten Monaten zunehmend ein deutschlandpolitischer Ansatz die in erster Linie heimattreue Orientierung des Jugendverbandes überlagert. Spätestens in den neunziger Jahren wurde evident, daß die Bundesregierung nicht mehr bereit war, aktive Verantwortung für die ab 1945 vertriebenen und entrechteten Menschen des deutschen Ostens zu übernehmen. So setzte sich bei manchen ostpreußischen Jugendlichen die Auffassung durch, erst müßten die Verhältnisse im Bund geändert werden, bevor man wieder etwas für Ostpreußen tun könne. Dem gegenüber stand die Forderung, sich wie bisher zwar aktiv und kritisch in die Politik einzumischen, jedoch davon nicht den Primat der gelebten Heimatpflege (Fahrten, Kulturarbeit) ablösen zu lassen.

Da es außerdem zu einer auffällig hohen Zahl von Neueintritten aus den Reihen der NPD gekommen sein soll, begannen manche Mitglieder einen politischen Übernahme-Versuch zu wittern, gegen den überdies von einigen Funktionären angeblich nichts unternommen wurde. Zwar mußte dann doch ein Landesvorsitzender (Hessen) den Verband verlassen, aber die Landsmannschaft sah es schließlich als unvermeidbar an, sich von ihrem Jugendverband zu trennen.

Die JLO vermutet allerdings vielmehr parteipolitische Gründe hinter dem Coup gegen sie. Der Bundesvorsitzende Christian Schaar äußerte gegenüber der JF, Auslöser sei ein Schreiben des bayrischen Innenministers Beckstein an die LO gewesen, in dem dieser Beiträge der JLO-Zeitung Fritz monierte. Nach Angaben Schaars handelte es sich jedoch ausschließlich um Artikel, die sich etwa für die Abschaffung des Euro und für die Einführung von Volksentscheiden einsetzten. Ferner seien alle Ausgaben des Fritz vor Drucklegung Vertretern der LO zur Begutachtung vorgelegt worden. Die JLO betrachtet die Vorwürfe der Landsmannschaft daher als unverständlich und haltlos; gegen den unliebsamen Jugendverband sei mit der "Faschismus-Keule" vorgegangen worden.

Als Reaktion auf den Brief Becksteins habe die LO von der JLO die Unterzeichnung einer Erklärung zu ihrer Verfassungstreue verlangt. Damit waren die Jungen zunächst einverstanden, zogen es aber nach Lektüre der "mit Geruch des politisch Korrekten" behafteten Erklärung vor, eine eigene Fassung zu erstellen. Für Unbestechlichkeit sollte dabei eine angeblich streng am Bundesverfassungsschutzgesetz orientierte Formulierung sorgen. Dies fand dennoch nicht das Einverständnis der Landsmannschaft. So kam es zum Bruch.


 
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