© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/00 16. Juni 2000

 
Spiel der Lobbyisten
von Ekkehard Schultz

Bereits seit Jahren zählt die Rentenpolitik zu den politisch-sozialen Bereichen, in denen Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und sonstige Interessensorganisationen jederzeit große Chancen wittern, ungeliebten Widersachern Wunden zuzufügen. Dies ist freilich nicht verwunderlich: Bei kaum einem anderen Thema sind so viele Menschen unmittelbar betroffen wie in der Frage der Lebensstandartdsicherung im Alter. Daher ist auch nach dem erneuten Rentengipfel vergangenen Dienstag in Berlin, auf dem Regierung und Opposition aufeinandertrafen, kein durchschlagender Erfolg zu erwarten.

Dabei sind sich die führenden Köpfe beider Seiten, Riester und Seehofer, in den wichtigsten Kernpunkten einig: Die unveränderte Beibehaltung der bisherigen Strukturen des Rentensystems ist aufgrund der demographischen Entwicklung nicht länger vertretbar. Bessere staatliche Rahmenbedingungen zur Privatvorsorge sind notwendig, selbverständlich unter Berücksichtigung von unteren bis mittleren Einkommensschichten. Doch das bekannte Ritual der Stärke ließ bislang jede Lösung an Detailfragen scheitern. Lobbyistenverbände nutzten die vermeintliche Gunst der Stunde und gossen mit Maximalforderungen zusätzliches Öl ins Feuer.

Riester und Seehofer sollten sich entscheiden, was für sie in der Rentenfrage oberste Priorität besitzt: Das Vertrauen Millionen Betroffener oder der Tagesbeifall von Berufssäbelklirrern. Beides zusammen werden sie nicht erhalten.


 
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