© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/00 02. Juni 2000

 
Vollgas ins Grüne
von Volker Kempf

In Nordrhein-Westfalen verhandeln SPD und Grüne über die Bildung der Landesregierung. Bärbel Höhn will wieder das Umweltministerium besetzen. Sie ist nach eigenen Angaben dafür bereit, so manch "bittere Entscheidung" hinzunehmen. Das sind neue Töne bei der fundamentalistischen Dame. Kürzlich hieß es noch in einem sozialdemokratischen Witz: Wer mit Bärbel Höhn verhandelt, weiß, was er an Jürgen Trittin hat. Jetzt werden beide gleichermaßen handzahm. Das Umweltministerium wird der SPD-Ministerpräsident nicht länger als Garzweiler-Verhinderungsministerium hinnehmen. Das weiß Bärbel Höhn und wird Entgegenkommen signalisieren. Ohnehin wird durch die Verhinderung des Kohleabbaus in Garzweiler kein Watt Energie eingespart, weshalb man sich fragen muß, was die ganze Aufregung soll. Vieles bei den Grünen ist eben weniger Politik als vielmehr symbolischer Aktionismus. Eine bittere Pille, die Höhn zudem zu schlucken bereit ist, ist der Ausbau des Autobahnnetzes in NRW – Duisburg zum Beispiel hat schon heute rekordverdächtige 26 Autobahnauffahrten.

Die Grünen passen sich an. Das geht so weit, daß Rezzo Schlauch die Liebe zum Auto entdeckt, um Jungwähler zu gewinnen. Damit das grüne Gedankengut trotzdem nicht verloren geht, soll das wasserstoff- betriebene Fahrzeug kommen, am besten noch vor der nächsten Wahl. Solange versucht Bärbel Höhn, für Schiene und Wasserstraßen noch das eine oder andere Trostzuckerl zu bekommen. Der SPD kann’s recht sein, wenn die Grünen ihr aus der Hand fressen.


 
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