© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/00 26. Mai 2000

 
UMWELT
Die Dresdner Müllpförtner
Michael Gallon

Abfallvermeidung und Abfalltrennung bleiben oft wirkungslos, wenn die vorgesehenen Behälter anonym und unbeaufsichtigt befüllt werden können. Denn im Schutz der Masse können sich Abfallsünder, Umweltfrevler und solche, die es von ihrer Heimat anders gewöhnt sind, gut verstecken. Ihr Untun vermiest zudem dem durchschnittlichen deutschen Sammler das Sammeln. Und nicht selten weigern sich die Entsorgungsunternehmen, fehlbeschickte Wertstofftonnen zu entleeren, geben statt dessen die Leerung als Restmüll in Auftrag, was teuer wird. Doppelt teuer, weil mit dem grünen Punkt die Beseitigung bereits bezahlt ist. So startete in Dresden ein Projekt mit 1.000 Haushalten, das die verursachernahe Erfassung sicherstellt. Es läuft seit zwei Jahren mit großem Erfolg und heißt "Pro Count". Ein moderner Name, mit dem offenbar die Entwicklerfirma Paul Wolf GmbH ihren eigenen, allzu deutschen Namen zu kompensieren suchte. Das Identifizierungs- und Erfassungskonzept ist ausschließlich dem Hausmüll gewidmet. An der Abholung von "Grüne Punkt"-Abfällen des "Dualen Systems Deutschlands", Biogut oder Sperrmüll ändert sich nichts. "Pro Count" arbeitet mit zentralen Containern, deren doppelte Schleusen ein optimales Befüllen ermöglichen. Zum Öffnen des Deckels erhält jeder Haushalt eine Berechtigung in Form eines Transponderstifts als Schlüsselanhänger, der eine individuelle Kennummer jedes Haushalts birgt. Beim einmaligen Beschicken werden bis zu 15 Liter Hausmüll verschlungen. Mit Inbetriebnahme reduzierten sich die Kosten der Restabfallentsorgung um mehr als die Hälfte bei gleichzeitigem Anstieg der Wertstoff- und Biogutanteile. Fazit: doppelt gut statt doppelt teuer.


 
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