© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/00 19. Mai 2000

 
WIRTSCHAFT
Recht nur bei Verlust
Bernd-Thomas Ramb

Wo kein Geld ist, da hat der Kaiser sein Recht verloren, sagt eine alte Weisheit. Deutsche Gerichte haben nun eine Variante draufgesetzt: Wo Verluste sind, da hat der Enteignete die Chance, sein Recht zu erhalten. 6.247 Hektar Thüringer Wald erhielt der Familienclan des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha aus staatlicher Enteignung zurück. Der von Kommunisten entjunkerte Boden fiel vor zehn Jahren in die Rubrik "Enteignung darf nicht rückgängig gemacht werden, weil sonst die Vereinigung scheitert". Eine willkürliche Tatsachenentscheidung der Kohl-Regierung, deren Rechtskräftigkeit vom Bundesverfassungsgericht trotz Dementi der beteiligten Sowjetpolitiker bekräftigt wurde. Blanker Materialismus veranlaßte nun das Verwaltungsgericht in Weimar zu einem formellen Verfassungsbruch.

Gewiß nicht entscheidend, wenn auch vielleicht von Einfluß, dürfte der Umstand gewesen sein, daß 80 Prozent des klagenden Adels mittlerweile eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen. Wesentlich aber der Faktor, daß der konfiskatorische Besitzer, die "Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH" (BVVG) in Berlin mit ihrer Liegenschaft höchst unglücklich war. Gemäß dem Motto "Unrecht Gut gedeihet nicht" produzierte die staatlich gelenkte Waldwirtschaft auch unter "kapitalistischer" Verwaltung die gleichen Verluste wie zu DDR-Zeiten. Den Verdacht, daß man per "investiver gütlicher Einigung" unprofitable Besitztümer abstoßen will, bekräftigt auch die gerichtliche Forderung, der Kläger habe fürderhin auf weitere Rückgabeansprüche zu verzichten. Bis zur nächsten Pleitewirtschaft?

So schön der "Deal" auch für des Herzogs Erben ist, Recht wird damit zur Disposition der staatlichen Kassenlage gestellt. Das Unrecht der Zwangsenteignung kann kaum deutlicher werden.


 
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