© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/00 19. Mai 2000


Bismarcks Rückkehr
von Alexander Schmidt

Das Denkmal des Reichsgründers Otto von Bismarck soll nach einem Vorschlag des Schriftstellers Rolf Hochhuth wieder seinen ursprünglichen Platz vor dem Reichstag einnehmen. Wäre dieser Vorschlag nicht von dem linksliberalen Hochhuth gekommen, hätte sicher niemand dieser Idee überhaupt Beachtung geschenkt. So aber fand sich der CDU-Kultursprecher Uwe Lehmann-Brauns, der den Vorstoß Hochhuts unterstützt. Vertreter aus allen anderen Fraktionen dagegen verurteilen Bismarck als "Reformator von oben", dem man auf diese Weise nicht gedenken könne. Repräsentiert Bismarck aber nicht mehr? Er war während seiner Regierungszeit in der Lage, den Frieden im hochgerüsteten Europa zu wahren. Eine Leistung, für die ihm von englischen, französischen und russischen Zeitungen Respekt gezollt wurde. Innenpolitisch schaffte es Bismarck, Spannungen zwischen der damals noch revolutionär-sozialistisch eingestellten Arbeiterschicht der SPD und dem Bürgertum durch eine einzigartige Sozialgesetzgebung zu überbrücken. Deshalb ist es mehr als legitim, seine historische Person, der wir die deutsche Nation in beständiger Form verdanken, zu würdigen.

Wenn dies wieder vor dem Reichstag geschieht, wäre das nicht nur eine Würdigung Bismarcks, sondern auch gleichzeitig Auftrag für diejenigen Politiker, die täglich an ihm vorüberschreiten. Daß die politischen Mittel Bismarcks nicht mehr den heute gebräuchlichen Formen genügen, spielt dabei wohl keine Rolle. Auch Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg werden heute noch verehrt.


 
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