© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/00 05. Mai 2000

 
GESUNDHEIT
Ohne Bockschein
Martina Zippe

Ist es zu glauben? Registrierte Prostituierte sollen nicht mehr zu regelmäßigen amtsärztlichen Untersuchungen verpflichtet sein. Dies wird der Bundestag demnächst im Seuchenrechtsneuordnungsgesetz entscheiden, wenn es nach dem Willen der grünen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer geht.

Die Begründung eines Sprechers des Gesundheitsministeriums lautet, daß Prostituierte selbst auf ihre Gesundheit achteten. Sie hätten auch nicht häufiger Geschlechtskrankheiten als andere Bürger. Wie bitte? Richtig gehört? Die Nachfrage ergab, daß die herangezogene Vergleichsgruppe wohl nicht die Summe der Bevölkerung ist, sondern Personen mit häufig wechselndem Geschlechtsverkehr! Aha.

Nun, für die letztgenannten Personen können natürlich keine Untersuchungen vorgeschrieben werden, für die registrierten Prostituierten aber schon, wenn nicht neue Seuchen vorprogrammiert werden sollen.

Immerhin sind von möglichen Ansteckungen nicht nur die "Kunden" selbst betroffen, sondern auch die Ehefrauen und Partnerinnen der Männer. Eindeutig für die Beibehaltung der bisherigen Routineuntersuchungen sind daher nicht nur die spontan befragten weiblichen Angestellten der JUNGEN FREIHEIT, sondern – so deren Einschätzung – "sicher 99 Prozent der Bevölkerung; das eventuell verbleibende eine Prozent stellen vielleicht die Prostituierten selbst dar". Der Minderheitenschutz, den Bündnis 90/Die Grünen immer so wohlwollend propagieren, dürfte hier aber zu weit gehen. Aus welchen sonstigen Gründen ausgerechnet die feministischen Grünen Leben und Gesundheit von Ehefrauen und Partnerinnen aufs Spiel setzen, das bleibt ein Rätsel.


 
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