© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/00 05. Mai 2000

 
WIRTSCHAFT
Profit auf Rezept
Bernd-Thomas Ramb

Ökonomische Denkansätze durchdringen unser Leben: So wurden in den letzten Jahren unter anderem die Ökonomik der Rechtsprechung, der Fertilität oder der Diskriminierung wirtschaftswissenschaftlich analysiert. Sogar eine ökonomische Rationalität des Ehebruchs oder der religiösen Gläubigkeit sind Forschungsobjekte der Wirtschaftswissenschaftler. Warum also sollte nicht auch das Praktizieren der Ärzte auf dem Seziertisch der Ökonomen landen? Auf den ersten Blick erscheint es durchaus rational, Patienten nicht (sofort) zu heilen, denn der Arzt verdient an Kranken und nicht an Gesunden. Andererseits sind Krankheiten aus der Sicht des Patienten unangenehm und sein Wunsch nach schneller Heilung verständlich. Leistet der Arzt dies nicht, wird der Patient den Konkurrenten aufsuchen, und der Arzt verliert seine Einnahmequelle.

Jeder Arzt hat neben seiner berufsethischen Verpflichtung ein ökonomisches Interesse an einer effizienten Heilungsleistung. Beide müssen nicht weit auseinander stehen. Der provozierend gemeinte Vorschlag der Bundesgesundheitsministerin, Ärzte nach ihren Leistungen zu bezahlen, ist demnach entweder sowieso annähernd erfüllt, oder aber er vermindert – im Falle der Diskrepanz zwischen beiden ärztlichen Zielen – die ethische Verpflichtung des Arztes gegenüber seinen wirtschaftlichen Interessen. Der eigentliche Unsinn des Vorschlags wird jedoch erst deutlich, wenn seine Zielsetzung hinterfragt wird. Frau Fischer möchte letztlich eine Verringerung der ärztlichen Vergütung erreichen. Eine bloße Relativierung auf deren Leistungsfähigkeit besagt jedoch nichts über die absolute Höhe der Honorare. Wenn schon mehr Marktwirtschaft im Gesundheitswesen, dann richtig: Die Patienten müssen wieder selbst die Rechnungen der Ärzte sehen und begleichen.


 
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