© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/00 28. April 2000

 
Blick in die Presse
US-Praktikanten
Ronald Gläser

Seit 1999 erscheint Die Welt mit der englischsprachigen Seite "The New Berlin" und seit kurzem hat auch das Politik-Ressort eine solche. Der Grund hierfür könnte sein, daß der Springer Verlag dank eines Austauschprogrammes über eine größere Anzahl von jungen amerikanischen Kollegen verfügt, die sich zwar nicht die Mühe machen, Deutsch zu lernen, aber trotzdem irgendwie beschäftigt sein wollen. Jetzt hat die Konkurrenz nachgezogen und veröffentlicht täglich eine achtseitige Zusammenfassung des Inhalts auf englisch. Diese Mini-FAZ erscheint als Beilage der International Herald Tribune in Deutschland. Hier finden sich in erster Linie Politik und Kultur auf je drei Seiten, während der Sport- und Wirtschaftsteil auf eine Seite gestaucht ist. Werbekunden scheinen das neue Medium noch nicht entdeckt zu haben. Dabei könnten sie ihre Anzeigen fast 1:1 übernehmen. Man denke nur an den neuen Comdirektbank-Werbespruch "Be empowered". Die "English Edition" der FAZ richtet sich ebenso wie die IHT an deutsche Leser, die ihr Englisch aufbessern möchten: Von fünf großen Artikeln handelten vorigen Dienstag vier von deutschen, innenpolitischen Themen. Wie sehr die Sprache auch das Denken beeinflußt, zeigt die Berichterstattung über die Zwangsarbeiterentschädigung. Die Fremdarbeiter, mutieren da zu "Nazi-Era Slaves". Ein anderer Begriff, der der Bezeichnung gerecht wird, müßte künstlich herbeigezaubert werden. Aber das war dem "Publisher" wohl zu viel Arbeit.


 
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