© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/00 28. April 2000

 
Artur Oberhofer
Auf Seite der Schwächeren
von Jakob Kaufmann

In Südtirol ist Artur Oberhofer (33), Redakteur der Neuen Südtiroler Tageszeitung in Bozen, als Aufdecker bekannt. Mit seinem fast 500 Seiten starken Buch zum "Mordfall Waldner" erschütterte er die Argumentation der Ankläger in diesem "spektakulärsten Mordfall der Südtiroler Kriminalgeschichte", wie ihn Oberhofer selbst bezeichnete. Der ehemalige Bildungsoffizier der Südtiroler Schützen und Vordenker der Freiheitlichen, Peter Paul Rainer, soll am 15. Februar 1997 den Landtagsabgeordneten Christian Waldner in dessen Residenz am Reichrieglerhof gegen zwölf Uhr mittags erschossen haben.

Oberhofer weist in seinem Enthüllungsbuch nach, daß das Mordszenario nicht so abgelaufen sein kann (JF berichtete). Sein "Mordfall Waldner" erschien wenige Wochen vor Eröffnung des Berufungsprozesses gegen Rainer: Der junge Südtiroler Politiker wurde in zweiter Instanz freigesprochen. Prozeßbeobachter berichteten, daß der Journalist immer wieder während der Verhandlung der Verteidigung souffliert habe. Dennoch will er Rainer nicht "freigeschrieben" haben, wie seine ehemaligen Kollegen von der Südtiroler Wochenzeitung FF meinten. Er wollte nur "das journalistische Fundament für eine neue Wahrheitssuche" legen. Da der Fall immer noch nicht gelöst ist, sucht er einstweilen weiter.

Auch in anderen Fällen spürt Oberhofer der Wahrheit nach, deckt Fehler der Mächtigen auf und verschafft den Ungehörten Publizität. Dazu zählt auch Karola Unterkircher. Sie wurde im August 1995, nach offizieller Version in Italien an der Grenze zu Österreich, festgenommen. Sie hatte jedoch zuvor italienisches Hoheitsgebiet gemieden, da dort bereits ein Haftbefehl gegen sie vorlag. Die Hintergründe der Verhaftung sind bis heute ungeklärt. In regelmäßigen Abständen erinnert Oberhofer an ihre Inhaftierung und klärt die Öffentlichkeit über den kritischen Gesundheitszustand der Gefangenen auf.

Für seine hartnäckige Wahrheitssuche ist er bekannt, seit er 1996 bei der Neuen Südtiroler Tageszeitung als Redakteur eingestiegen ist. Seither enthüllte er Vorteilsnahmen von Funktionsträgern jeglicher politischen Couleur im Land. Er entdeckte zum Beispiel vor einigen Jahren, daß die Landesregierung Südtirols dem großen und regierungstreuen Athesia-Verlag umgerechnet acht Millionen Mark habe zukommen lassen.

Oberhofer selbst hat immer für Zeitungen aus kleinen Verlagshäusern geschrieben, mit einer Distanz zum Standpunkt der Herrschenden: Ob als Praktikant bei der Alto Adige, in der sich die italienischen Rechten wiederfinden, beim Nachrichtenmagazin südtirol profil oder der Wochenzeitung FF, die neben einer gewissen Regierungsnähe auch eine interethnische Schlagseite hat, wie sie auch die Grünen in Südtirol vertreten. Auf die Frage, wo er sich selbst politisch einordnet, antwortet er: "Immer auf der Seite der Schwächeren." Sein Werdegang beweist, daß dies nicht nur eine Phrase ist.


 
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