© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/00 21. April 2000

 
Staatsziel Tierschutz
Plädoyer für die Aufnahme ins Grundgesetz
Wolfgang Apel

Rund 80 Prozent der Bundesbürger wollen, daß der Tierschutz in das Grundgesetz kommt. Dennoch haben CDU und CSU im Bundestag nahezu geschlossen dagegen gestimmt. Norbert Röttgen begründete die Ablehnung seiner Fraktion damit, daß das Staatsziel Tierschutz überhaupt keine Verbesserungen für den Tierschutz bringe und deshalb nutzlos sei. Die nachfolgenden Sprecher der Union behaupteten dagegen, daß ein Staatsziel derart verheerende Folgen hätte, daß der Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Deutschland zusammenbräche.

Was denn nun? Wenn der Tierschutz in der Unionsfraktion zu einer Sachfrage erklärt wird, für die der einzelne Abgeordnete nicht kompetent ist und deshalb der Fraktionslinie gehorchen muß, sollte die Fraktion das Thema wenigstens sachgerecht beraten haben. Die Redner der Union widersprachen sich aber derart eklatant, daß sogar in den Besuchergruppen, die bei diesem Thema zufällig anwesend waren, Gelächter ausbrach. Richtig ist, daß es nur mit der Verfassungsergänzung möglich wäre, in konkreten Einzelfällen abzuwägen, ob zum Beispiel geplante Hirnversuche bei Affen tatsächlich so wichtig sind, daß die Tiere dafür leiden müssen – ergo: das Staatsziel bringt mehr Tierschutz. Und richtig ist erst recht, daß nur Versuche, die auch wichtige Ergebnisse liefern, Wissenschaft und Wirtschaft voranbringen – ergo: das Staatsziel Tierschutz schadet nicht dem Standort, sondern nutzt ihm sogar. Im übrigen sind es auch in den Zukunftstechnologien, wie der Gentechnik, gerade nicht die Tierversuche, die für die Forschung besonders gewinnbringend sind, sondern tierversuchsfreie Verfahren.

Wichtig wäre ein Staatsziel Tierschutz auch im Hinblick auf unsere Interessen in der EU. Wir müßten es dann nicht mehr ohne weiteres hinnehmen, wenn uns die EU tierschutzwidrige Regelungen aufzwingt. Wenn es stimmt, daß unsere Landwirte wegen der angeblich höheren inländischen Tierschutzstandards im europäischen Wettbewerb benachteiligt sind, dann ist es die CDU/CSU, die nicht nur dem Tierschutz, sondern auch dem Standort Deutschland schadet. Wir brauchen das Staatsziel Tierschutz – jetzt erst recht!

 

Wolfgang Apel ist Präsident des rund 700.000 Mitglieder zählenden Deutschen Tierschutzbundes e.V. in Bonn.


 
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