© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/00 14. April 2000


Der rote Stern verblaßt
von Hans-Peter Rißmann

Gregor Gysi und Lothar Bisky wollen sich aus der Führung der PDS zurückziehen. Wie es aussieht, handelt es sich diesmal nicht nur um eine der beliebten Drohungen, um die Partei zur Disziplin zu zwingen. Beide haben schlicht die Nase voll, nachdem sie zehn Jahre lang versucht haben, die Partei von der SED zu einer smarten, kosmopolitischen Linkspartei bundesrepublikanischen Zuschnitts umzukrempeln. Wie auch immer man zur PDS steht: Es ist ihnen gelungen, die Partei fest in den mitteldeutschen Landtagen zu etablieren und in direkte oder indirekte Regierungsverantwortung in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zu führen. Nun steht im Grunde nur noch eine Koalitionsfähigkeit auf Bundesebene aus.

Der PDS ist es aber bisher nicht gelungen, von der Partei der Spaltung zu einer gesamtdeutschen Partei zu werden. In Westdeutschland eine Sekte, in Mitteldeutschland eine Volkspartei – so sieht die Realität aus. Für die Bevölkerung des katholischen Städtchens Münster waren die PDS-Parteitagsdelegierten wie Marsmenschen, die auf Fliegenden Untertassen auf die Erde gekommen waren.

PDS-Vordenker Brie sieht nach der Ablehnung der Vorstandslinie, UN-Militärmissionen nicht mehr generell abzulehnen, die Partei existentiell bedroht, Gysi erahnt die Gefahr, daß die Partei als Ganzes zur Sekte wird. UN-Missionen hin oder her – die Probleme der PDS, sich gesellschaftlichen Realitäten im allgemeinen anzunähern und neue Antworten ohne Griff in die Mottenkiste zu finden, erinnern fatal an das Innenleben deutscher Rechtsparteien.


 
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