© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000

 
Meldungen

Britischer Schießbefehl auf Demonstranten

LONDON. 28 Jahre nach den tödlichen Schüssen britischer Soldaten auf 14 katholische Demonstranten in Nordirland erhärtet sich der Verdacht, daß die Soldaten damals Schießbefehl hatten. Kurz nachdem in Derry ein neues Verfahren zu dem Fall begonnen hatte, strahlte der britische Channel 4 Mitschnitte von Funkgesprächen aus. Diese hatte ein Amateurfunker aus Derry am 28. Januar 1972 aufgezeichnet, zwei Tage vor dem "Bloody Sunday". Auf dem Band ist zu hören, wie ein Soldat seinem Chef erzählt, er habe einen Jugendlichen beim Werfen einer Nagelbombe beobachtet. "Warum haben Sie ihn nicht erschossen?" fragt der Vorgesetzte. Wenig später entdeckt der Soldat den Jungen wieder: "Ich kann ihn jetzt sehen, wollen Sie, daß ich ihn erschieße?" – "Sind Sie absolut sicher, daß die Person, die Sie sehen, der Nagelbombenwerfer ist?" – "Positiv." – "Erschießen Sie ihn!" – "Habe ihn verfehlt." – "Schlechter Schuß", kritisiert der Offizier.

 

Slowakischer Verräter Vasil Bilak vor Gericht

PRESSBURG. Die Staatsanwaltschaft in Preßburg hat vergangene Woche den früheren kommunistischen Chefideologen und Dubcek-Gegner, Vasil Bilak, des Landesverrats angeklagt. Der 82jährige Bilak soll gemeinsam mit anderen 1968 in einem Schreiben an Moskau um "internationalistische militärische Hilfe" gegen die "Konterrevolution" ersucht haben: der Prager Frühling wurde daraufhin niedergeschlagen. Der "Einladungsbrief" war 1992 von Boris Jelzin den Behörden in Prag übergeben worden, die Ermittlungen wurden 1993, wegen der Auflösung der Tschechoslowakei, unterbrochen. Bilak muß sich auch denVorwürfen des Machtmißbrauchs und der Devisenschiebung stellen.

 

Hupka auf letztem offiziellen Heimatbesuch

BRESLAU. Zum letzten Mal hat Herbert Hupka, seit 1968 Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, vergangene Woche offizell seine alte Heimat und Polen besucht. Aus diesem Anlaß gab der 84jährige im Warschauer Hotel "Europejski" seine Abschlußpressekonferenz. Dort forderte er erneut zweisprachige Ortsschilder für oberschlesische Orte und mahnte, den EU-Beitritt Polens nicht an Bedingungen zu knüpfen. Er kandidiere nicht mehr "für das Amt des Häuptlings der Schlesier", gab er – wenig überraschend – bekannt.

 

Altbundespräsident Kirchschläger verstorben

WIEN. Am 30. März ist Rudolf Kirchschläger verstorben. Er war über zwei Amtsperioden – von 1974 bis 1986 – österreichischer Bundespräsident. Zuletzt öffentlich zu Wort gemeldet hatte er sich am 20. März zu seinem 85. Geburtstag: "Ich empfinde es einfach als traurig, daß wir so wenig Freunde in der Welt oder in Europa haben, daß uns niemand davor bewahrt, einfach als Nazi-Staat und als Nazi-Volk zu gelten". Kirchschläger war promovierter Jurist und begann 1954 eine Diplomatenkarriere. Als Mitglied der österreichischen Delegation nahm er an den Staatsvertrags-Verhandlungen vom Mai 1955 teil.

 

Etwa 230.000 Schweden wurden zwangssterilisiert

STOCKHOLM. In Schweden sind zwischen 1935 und 1996 rund 230.000 Menschen aus "Gründen der Erbgesundheit" und aus Erwägungen der "sozialen und rassischen Hygiene" sterilisiert worden. Dies geht aus einem Bericht hervor, der 1997 von der schwedischen Regierung in Auftrag gegeben worden war und jetzt veröffentlicht wurde. Die Sterilisierungen wurden auf der Basis entsprechender Gesetze von 1934 und 1941 durchgeführt, die mit der Mehrheit der politischen Parteien im Stockholmer Parlament verabschiedet wurden.


 
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