© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/00 07. April 2000

 
WIRTSCHAFT
Green Card contra Greenhorn
Bernd-Thomas Ramb

Die Diskussion über das Pro und Contra der Green-Card, der Einreise- und Arbeitserlaubnis für ausländische Spezialisten, in diesem Falle für Computerfachleute aus Indien, nimmt typisch deutsche Züge an. Es wird heftig, gründlich und ausufernd gestritten. Zunächst waren es die Kinder, die statt der Inder in reimender Logik als Alternative gesetzt wurden. Dann kam die Ausbildungsmisere als Ursachenanalyse und Lösungsansatz. Letzter Schrei ist die Forderung nach einem Zuwanderungsgesetz für das aussterbende deutsche Volk im überbevölkerten Deutschland.

Die Fronten sind nicht parteigebunden, wenn sie nicht gerade durch aktuelle Wahlkämpfe geprägt sind. So stemmt sich Otto Schily gegen eine Zuwanderung ins dicht besiedelte Deutschland, andere Genossen wittern die Chance zum Erhalt des Rentensystems. Die jüngste UNO-Bevölkerungsstudie scheint sie zu bestätigen. Danach wäre aber auch "Kinder statt Inder" eine sinnvolle Alternative – gerade in einem Land mit hoher Abtreibungsrate.

Die Strategie des quantitativen Wachstums des Arbeitspotentials durch Zuwanderung enthält natürlich sozialen Sprengstoff, nicht nur weil der Einzug von produktiven Kräften (wenn sie es denn langfristig trotz der Sprachprobleme sind) durch den Zuzug von Ausländern, die die Sozialkassen belasten, konterkariert werden könnte. Wer garantiert, daß die Ausländer auf Dauer bereit sind, die hohen Beiträge für die Altlasten des deutschen Sozialsystems zu entrichten?

Auch der Ansatz "Mehr deutsche Kinder" reicht nicht. In einer technologischen Welt ist das qualitative Wachstum des Arbeitspotentials ausschlaggebend. Die Kontroverse "Ausbildung statt Einwanderung" ist also die entscheidende.


 
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