© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/00 31. März 2000

 
Zeitschriftenkritik: Wetterleuchten
Nationalkommunistisch
Ulli Baumgarten

"Die Extreme berühren sich" – so könnte man das neue nationalkommunistische Berliner Zeitschriftenprojekt Wetterleuchten charakterisieren.Schon in der Zwischenkriegszeit der zwanziger Jahre kam es zu anfänglich losen, aber dann immer stärkeren Verbindungen zwischen unorthodoxen Kommunisten und revolutionären Nationalisten. Kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges propagierten die Hamburger Kommunisten Heinrich Laufenberg und Fritz Wolffheim ein Kampfbündnis von Kommunisten mit nationalen Offizieren, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Siegermächte der Entente zu ermöglichen. Was hier reine Theorie blieb, wurde 1923 anläßlich der Besetzung des Rheinlandes durch französische und belgische Truppen zur Realität.

In ihrer gemeinsamen Gegnerschaft zum Versailler Diktat und der damit verbundenen Ausplünderung Deutschlands fanden sich beide Seiten in Aktionen gegen die Okkupanten zusammen. Ihren stärksten Ausdruck fand diese Kooperation nach der Hinrichtung von Albert Leo Schlageter in Karl Radeks Schrift "Der Wanderer ins Nichts".

Seinen Höhepunkt erlebte der Nationalbolschewismus allerdings erst in der Endphase der Weimarer Republik. 1932 kam es innerhalb der KPD zu einem Kurswechsel, bedingt durch den Wahlerfolg der NSDAP, die gerade auch im traditionellen Arbeitermilieu auf immer stärkeren Zuspruch stieß, so daß die KPD ihr Programm zur nationalen und sozialen Befreiung Deutschlands präsentierte; stellenweise, so im berühmten Streik der Berliner Verkehrsbetriebe, kam es sogar zu einer Zusammenarbeit von KPD und NSDAP.

Diesem Ziel, der Zusammenarbeit von Linken und Rechten, ist die Theorie-Zeitschrift Wetterleuchten verpflichtet, wobei sich das Heft jeder Form von Apologie des Dritten Reiches und der Sowjetunion zu entziehen weiß, ohne aber in einen Vulgär-Antifaschismus oder -antikommunismus zu verfallen. Anhand des Nato-Krieges in Serbien wird die Problematik des Angriffskrieges untersucht, wird die Frage gestellt, ob eine Beteiligung deutscher Truppen in deutschem Interesse sein kann oder ob man damit nicht immer stärker ins Sogwasser amerikanischer Außenpolitik gerät. Die Rolle der USA und des damit verknüpften American way of life wird in mehreren Artikeln kritisch hinterfragt. Abgerundet werden die der Aktualität verpflichteten Aufsätze durch eine kenntnisreiche Auseinandersetzung mit der Wiener Revolution von 1848 und deren Versuch, die "großdeutsche Lösung" in die Tat umzusetzen.

Sicherlich dürfte auch heute der Weg eines nationalen Kommunismus nur von wenigen Menschen beschritten werden, interessant – und im besten Sinne des Wortes: nonkonformistisch – ist er allemal.

"Wetterleuchten" erscheint vierteljährlich. Adresse: Michael Koth, Postfach 870107, 13161 Berlin, Preis: 8 Mark


 
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