© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/00 31. März 2000

 
Parteien: Die Grünen schröpfen ihre Mandatsträger
Prominente sollen blechen
Volker Kempf

Jede Partei bringt das Finanzgebaren hervor, das sie verdient: Die CDU steckt im Ruch der Spendenaffäre, Spitzenpolitiker der NRW-SPD bedienten sich bei einem landeseigenen Betrieb, und beim Bundesverband der Grünen klafft eine Finanzlücke von 500.000 Mark, weil die Partei basisdemokratisch einen überwältigenden Anteil ihrer Finanzmittel an die Untergliederungen überweist.

90 Prozent der Finanzmittel der Grünen liegen bei den Landes- und Kreisverbänden. Der Grünen-Bundesverband steht hingegen mit leeren Händen da und bedient sich bei seinen Großverdienern, den Parlamentariern. Skandalös war in der Vergangenheit, daß die Abgeordneten der Bundestagsfraktion jahrelang aus ihrer steuerfreien Pauschale zur Aufwandsentschädigung im Regelfall 1.000 Mark pro Monat an die Bundespartei gezahlt haben – das sind seit 1993 rund 3,5 Millionen Mark, will der Spiegel errechnet haben.

Diese Methode der Geldbeschaffung ist nach dem Abgeordnetengesetz rechtswidrig. So ließen sich die Bündnisgrünen auf ihrem vergangenen Parteitag in Karlsruhe etwas Neues einfallen. Die Europa- und Bundestagsabgeordneten sollen noch mehr Geld an die Bundespartei überweisen, nur eben nicht aus der steuerfreien Pauschale. Der rechtswidrige Beschluß von 1993 wurde in Karlsruhe aufgehoben.

Bestehen bleiben aber die Sanktionsmaßnahmen. Wer sich der Spende verweigert, dem wird – versteckt, aber durchaus glaubhaft – damit gedroht, er werde beim nächsten Mal nicht wieder auf einer Kandidatenliste nominiert. Laut dem angenommenen Antrag des Bundesvorstandes der Alternativpartei zahlen Abgeordnete des Bundestages 2.600 Mark, Abgeordnete des Europaparlaments 1.750 Mark, Staatssekretäre 4.300 Mark, Ministerinnen und Minister der EU sowie Kommissarinnen und Kommissare 5.000 Mark im Monat. Der Beschluß gilt ab 1. April. Als Ausbeute dieser Regelung rechnet die Partei ab dem Haushaltsjahr 2000 mit Einnahmen in Höhe von 1.500.000 Mark.

Auch die gewöhnlichen Mitglieder sollen einen kleinen Solidaritätsbeitrag für die Partei erbringen. Der Mitgliedsbeitrag wurde von vier auf fünf Mark pro Monat erhöht. Der Öko- und Solidaritätsfonds für Dritte-Welt-Projekte der Grünen sollte nach Willen des Bundesvorstandes als Sparmaßnahme für drei Jahre ausgesetzt werden, was 800.000 Mark jährlich eingespart hätte. Nach dem Willen der Mehrheit der Bundesdelegierten wird der Solidaritätsfond aber für ein Jahr ausgesetzt.

So meint es die Basis der Bündnisgrünen mit der bleibenden Umverteilung von "oben" nach "unten" gut mit sich selbst und zeigt sich nach außen hin mit der Förderung von Öko- bzw. Dritte-Welt-Projekten großzügig. Gleichzeitig droht sich die Partei damit selbst zu übernehmen. Weitere schlechte Wahlergebnisse werden die Bündnisgrünen daher besonders schmerzen – nicht nur der geringeren staatlichen Wahlkampfkostenerstattungen wegen, sondern auch, weil die Anzahl der zahlenden Abgeordneten zwangsläufig abnehmen würde.

Unterdessen hat die Partei Bündnis 90/Die Grünen im Haushaltsjahr 1998 mit rund 365.000 Mark traditionsgemäß nur recht wenig Firmenspenden erhalten. Beinahe so viel, nämlich 300.000 Mark, erhielt die FDP 1996 allein von der Delphi Vermögens- und Verwaltungs GmbH.

Sind die Bündnisgrünen mit ihrem defizitären Haushalt selbst auf den vergleichsweise geringeren Anteil von Firmenspenden noch angewiesen, so wird die Partei andererseits selbst bei künftigen Wahlniederlagen nicht gleich pleite sein. Rund 11,8 Millionen Mark hat die Umweltpartei in Form von Haus- und Grundvermögen noch in Reserve. Damit diese aber gar nicht erst angebrochen werden müssen, soll eigens ein professioneller Spendensammler eingestellt werden.


 
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