© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000

 
Kino II: "Schnee, der auf Zedern fällt" von Scott Hicks
Süß und klebrig
Ellen Kositza

Eine kleine Pazifikinsel im Jahre 1954, der Zweite Weltkrieg ist noch nicht allzu fern, der Koreakrieg soeben vorbei. Neben Einwanderern europäischer Herkunft bevölkert etwa seit der Jahrhundertwende eine Gruppe japanischstämmiger Familien das Eiland, ein Zusammenleben, das keine gewichtigen Probleme zu bereiten scheint. Da stirbt der Fischer Carl Heine auf nebelverhangener See in seinem Kutter – Unfall oder Mord? Zeugen gibt es keine, aber Indizien, einen Verdächtigen und ein Motiv: Rache.

Nach der Bombardierung Pearl Harbours 1942 hatte sich das Verhältnis zwischen den europäischen Amerikanern und den aus Japan kommenden neuen Einwohnern deutlich angespannt, japanische Familien wurden in Lagern interniert, während einige der Alteingesessenen deren Besitz okkupierten. Schwer lastet nun der Vorwurf, den einst Kabuo Miyamoto (Rick Yune) gegenüber seinem ehemaligen Freund Carl Heine äußerte: Heine habe sich am Eigentum Kabuos bereichert. Hat Kabuo nun also Carl getötet?

Das Dickicht um Heines Tod und seinen mutmaßlichen Mörder zu entwirren, wird zur ganz persönlichen Aufgabe des Journalisten und Prozeßbeobachters Ishmael Chambers (Ethan Hawke). Chambers nämlich erlebte mit dem japanischen Mädchen Hatsue, nunmehr Gattin des Angeklagten, einstmals die erste Liebe – und auch damals war die unterschiedliche Abstammung ein Problem. Es herrschte nie blanker Rassismus auf dieser – fiktiven – Insel, vielmehr war es eine subtile, schwelende Feindschaft oder ein unausgesprochenes Mißtrauen, das den Umgang der beiden Ethnien bstimmte.

Die Romanvorlage David Gutersons heimste nur Lobeshymnen, der mittlerweile in 30 Sprachen übersetzte Besteller wurde als "Meisterwerk" geradezu verklärt. Es liegt nicht allein daran, daß Ethan Hawkes glattes, feingeschnittenes Gesicht mit den Zügen eines schwächelnden Adeligen sowie die etwas tumbe Youki Kudoh als Hatsue wie in ihre Rollen hineingewürfelt wirken, daß dieser Film (Untertitel: "Erste Liebe hält für immer") gänzlich spurlos an einem vorbeizieht. Süß und klebrig wirkt der Schnee, der auf die Zedern fällt. Im Ganzen erscheinen die Stimmungen zu ähnlich den Bildern eines Werbeclips, umnebelte Silhouetten von Kendo-Kämpfern, vielsagende Blicke und erste Küsse, Meer und Zedernwälder, sämtlich von Weichzeichner umspült – eben alles, was Filme dieses Kalibers so als Standard-Repertoire mitbringen. Dies alles eingelullt in politisch korrekte Thematik – es gibt einen klagenden Ausruf der jungen Japanerin, der sinnbildlich hierfür steht: "Das ist nicht fair!"

Rassismus, Krieg, Vorurteile, die Ungrechtigkeit des Lebens schlechthin ist damit gemeint – all die Dinge eben, die mit "Fairness" in der Tat wenig zu tun haben. Das erneut zu erkennen, bedarf es dieses Films nicht.


 
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