© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/00 24. März 2000

 
Südtirol: Ein Vortrag von Eva Klotz in Bad Cannstatt
Selbstbestimmung gefordert
Jakob Kaufmann

Wir wollen unser Recht auf Selbstbestimmung wahrnehmen, nicht weil wir bessere Menschen sind, sondern weil wir andere Menschen sind", erklärte die Südtiroler Politikerin Eva Klotz von der Union für Südtirol (UfS) vergangenen Freitag in Stuttgart. Der liberal-konservatzive Cannstatter Kreis und – als Mitveranstalter – der Andreas-Hofer-Bund hatten zu einer Vortragsveranstaltung mit ihr eingeladen. Vor etwa 140 Gästen sprach die Abgeordnete des Südtiroler Landtags über das Thema "Südtirol – vergessen oder wieder aktuell? Zum Selbstbestimmungsrecht der Völker in Europa".

Klotz fordert in Südtirol die Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrecht durch ein Referendum über den Verbleib im oder die Loslösung vom italienischen Staat. Vor der applaudierenden Menge vertrat sie ihre Position: Die Utopien von heute sind die Realitäten von morgen. Dabei verwies sie auf historische Erfahrungen wie den Zusammenfall des Ostblocks. In ihrem Vortrag ging die Politikerin auf die aktuelle politische Auseinandersetzung in Südtirol über die Ortsnamensfrage ein, zu der die Schützen am kommenden Sonntag eine Kundgebung in Meran geplant haben. Sie stellte dar, daß die italienischen Bezeichnungen für Südtiroler Orte in der Zeit des Faschismus eingeführt worden sind, während die traditionellen deutschen Namen verboten wurden. Das italienische Nachrichtenmagazin Panorama habe die Maßnahmen gegen die Südtiroler in der Zeit des Faschismus als ethnische Säuberung bezeichnet.

In der Tat war die Umbenennung der Orte Teil eines Gesamtplans zur Italienisierung des altösterreichischen Landes, den zuerst Ettore Tolomei, unter Mussolini zuständig für Minderheiten, in einem 26 Punkte umfassenden Programm entworfen hatte. Er hatte auch die italienischen Namen erfunden, die auch nach der Zeit des Faschismus in Italien bis heute amtlich gültig geblieben sind.

Eva Klotz erklärte den Zuhörern, warum die sofortige Abschaffung der italienischen Phantasienamen nicht gegen das Autonomiestatut, daß Zweisprachigkeit vorsieht, verstoße. Bei den zweifachen Ortsnamen handle es sich nicht um zweisprachige, sondern um zweinamige Bezeichnungen: Auf den Schildern stünde ein natürlicher und einen künstlicher, nicht wie italienische Parteien glauben machen, ein deutscher und ein italienischer Name. Die regierende Südtiroler Volkspartei gebe zwar vor, 94 Prozent der italienischen Namen durch ihren Gesetzesvorschlag abschaffen zu wollen. Sie sehe jedoch die Gefahr, daß letztlich 7.000 tolomeische Namen erhalten blieben, da das Land die Abschaffung dieser Bezeichnungen nicht einheitlich regle und die Entscheidung über die Ortsschilder den Gemeinden überlasse. Diese könnten, weil sie rechtliche Streitereien mit italienischen Bürgern vermeiden wollten, es bei der Zweinamigkeit belassen.


 
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