© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/00 25. Februar 2000

 
Parteien: Hans-Peter Uhl über die Krise der Union
Bayerischer Joker
Jörg Fischer

Herr Dr. Uhl, die CSU stand immer loyal zu Schäuble, trotzdem "putschte" die NRW-Gruppe der CDU ihn weg. War das klug?

Uhl: Es ist richtig, daß die CSU-Landesgruppe immer loyal zu Schäuble stand, und das ist wichtig für einen sauberen Umgang zwischen CDU und CSU – darauf sind wir auch etwas stolz. Aber: Schäuble war es letztlich selbst, der auf der Fraktionssitzung am 15. Februar einen Neubeginn durch Neuwahl des gesamten Fraktionsvorstandes gefordert hat. Damit entsprach er auch einer Gesamtstimmung zu diesem Zeitpunkt in der CDU/CSU. Und die Parallelaktion der NRW-Gruppe sollte man deswegen nicht überbewerten.

Was halten Sie von Friedrich Merz?

Uhl: Friedrich Merz steht für einen Generationswechsel, er kommt aus dem größten Landesverband der CDU und er steht für Kompetenz in Wirtschafts- und Finanzfragen. Das sind genau die Fragen, in denen die Regierung Schröder am wenigsten überzeugt hat. Aber es gibt noch weitere Politikbereiche. Mein Fachgebiet ist die innere Sicherheit – das Markenzeichen der Union. Hier geht es darum, sich eindeutig abzugrenzen von Rot-Grün, und deutlich zu machen, daß SPD-Innenminister Schily – der sich inhaltlich immer mehr entfernt hat von Rot-Grün – ein Gefangener dieser Regierungskoalition ist. Es muß daher der Union gelingen, beim Thema Innere Sicherheit, mit Merz wieder deutlicher als bisher, Profil zu zeigen. Ich kann mir gut vorstellen, daß mit dem wertkonservativen Merz auch die Vorstellungen der CSU beim Thema Innere Sicherheit umgesetzt werden können.

Soll ein Übergangskandidat CDU-Vorsitzender werden oder Frau Merkel an die Spitze?

Uhl: Besser wäre es, wenn es keinen Übergangsvorsitzenden gäbe, sondern wenn auch hier der Generationswechsel stattfinden könnte. Es sollten viele Kandidaten geprüft werden, da das politische Spektrum der CDU sehr breit ist. Was für Frau Merkel spricht, ist der Umstand, daß sie Manager-Qualitäten gezeigt hat und auch noch aus einem Ost-Landesverband kommt, aber daneben gibt es noch viel mehr Bereiche abzudecken. Wichtig ist mir, es darf in der CDU mit der Wahl der neuen Parteispitze nicht zu einer Linkswende – im Sinne einer Sozialdemokratisierung der CDU – kommen. Aber Personalentscheidungen trifft die CDU selbständig, wir positionieren uns dabei nicht.

Frau Simonis in Kiel hofft auf 50 Prozent plus X, Joschka Fischer führt sich als Metternich der EU auf. Wie will die Union wieder inhaltlich punkten?

Der "grüne Mettenrich Joschka" wurde in der Bundestagsdebatte zum Thema EU-Sanktionen bereits von Edmund Stoiber und anderen bei seinem Wahnsinnskurs gegen Österreich gehörig entzaubert. Und ganz generell gilt: Nur weil die CDU in den letzten Monaten skandalisiert wurde, ist deswegen Rot-Grün noch lange nicht auf Erfolgskurs. In dem Augenblick, in dem wir in Deutschland wieder über Politik reden, nicht nur über Skandale, wird die Konzeptionslosigkeit von Schröder wieder deutlich werden. Die großen Reformwerke, die in Deutschland anstehen, können ohnehin nur mit der Union bewältigt werden. Dazu sind wir jedoch bereit.

In Halle an der Saale fühlt sich die SPD-Bürgermeisterkandidatin als Siegerin, in Wahrheit haben nicht mal 17 Prozent der Wahlberechtigten die Dame gewählt, die CDU kam knapp über die Fünf-Prozent-Hürde, denn die Wahlbeteiligung lag bei nur 37 Prozent! In Schleswig-Holstein droht ähnliches. Ist da nicht die Demokratie gefährdet?

Uhl: Die Antwort ist einfach: Wer zum Wählen geht, hat zumindest die Chance, seinen Regenten mit zu bestimmen. Wer nicht zum Wählen geht, der wird von anderen regiert.

Wäre mit einer bundesweiten CSU Rot-Grün in Berlin zu verhindern gewesen?

Uhl: Ich kann vor solchen theoretischen Spielchen nur warnen, denn kein Mensch kann die dann in der Praxis auftretenden Reibungsverluste in einem Wahlkampf der CDU gegen die CSU voraussagen – und darin liegt das Problem.

Umfragen geben einer fiktiven deutschen FPÖ 15 Prozent. Welche Partei soll ein Wähler außerhalb Bayerns jetzt noch wählen?

Uhl: Die Wähler außerhalb Bayerns sollen die jetzt entstehende neue CDU mit neuen jungen Leuten wählen, die sich, wenn die CDU klug ist, in ihrer Programmatik der CSU annähert, um zu ähnlichen Erfolgen zu gelangen wie wir in Bayern. Die CDU muß durch entsprechende Politikinhalte verhindern, daß sich eine deutsche Rechtspartei wie die FPÖ breitmacht.

Roland Koch hat mit der Doppelpaß-Kampagne Wahlen gewonnen. Jetzt soll er zurücktreten. Verliert die CSU damit Ihren wichtigsten innenpolitischen Mitstreiter in der CDU?

Uhl: Es wäre in der Tat sehr bedauerlich, wenn dieser hervorragende Politiker Roland Koch über diesen einen Fehler, den er eingestanden hat, stolpern würde.

 

Dr. Hans-Peter Uhl, 55, war Kreisverwaltungsreferent der CSU in München und ist seit 1998 Bundestagsabgeordneter


 
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