© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/00 18. Februar 2000

 
CDU: Fraktionschef in Bedrängnis
Schäuble stürzt
Richard Stoltz

Die Tage von Wolfgang Schäuble als Chef der Bundestagsfraktion von CDU/CSU scheinen gezählt. Bereits am kommenden Dienstag soll die Fraktionsführung neu gewählt werden. Ursprünglich sollte die Neuwahl turnusmäßig erst im Mai stattfinden. Mittlerweile sei die Lage aber so, daß es nicht mehr weitergehe, erklärte Fraktionschef Schäuble. Es müsse einen Neuanfang geben. Dabei ließ Schäuble offen, ob er selbst wieder antreten wird.

Zu der sich überstürzenden Entwicklung hat vor allem der eskalierende Konflikt zwischen Schäuble und der früheren Parteischatzmeisterin Brigitte Baumeister beigetragen. Hintergrund des Streits sind unterschiedliche Darstellungen in der Spendenübergabe des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber. Sowohl Schäuble als auch Frau Baumeister haben ihre Versionen in eidesstatt-lichen Versicherungen bekräftigt.

In der Fraktionssitzung am Dienstag im Reichstagsgebäude spitzte sich die Situation erneut zu. Nach Angaben aus Abgeordnetenkreisen forderte die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen sogar den Rücktritt Wolfgang Schäubles. Dem Fraktionsvorsitzenden wurde vor allem mangelhaftes Krisenmanagement vorgeworfen. Freundlich begrüßt hingegen wurde Brigitte Baumeister, die auch eine von fünf Parlamentarischen Geschäftsführern der Unionsfraktion ist. Einer Empfehlung des Ehrenrates der Fraktion, ihr Amt bis zur Klärung der Umstände der Schreiber-Spende ruhen zu lassen, will die 54jährige nur bis zum Wochenende nachkommen, um die Aufklärung voranzutreiben.

Als möglicher Nachfolger an der Spitze der Fraktion wurde Schäubles bisheriger Stellvertreter Friedrich Merz genannt. Der 45jährige Jurist gilt als Experte für Finanz- und Steuerfragen.


 
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