© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/00 18. Februar 2000


John McCain
Ein Held fürs Weiße Haus
von Ronald Gläser

Vietnam, 1967. Im Süden des Landes tobt der Partisanenkrieg. Über der nordvietnamesischen Hauptstadt Hanoi wird ein US-Bomber von einer sowjetischen Luft-Boden-Rakete der Vietnamesen getroffen. Der Pilot der Maschine, John McCain, gerät in die Gefangenschaft der Nordvietnamesen, in der er über fünf Jahre verbringen wird.

Das ist der Stoff, aus dem die Lebensläufe amerikanischer Präsidentschaftsbewerber gestrickt werden. Die Amerikaner wollen einen Helden im Weißen Haus. Einen Helden wie John McCain. Und die Chancen des 60jährigen stehen gut, amerikanischer Präsident zu werden.

John McCain wurde 1986 Nachfolger des legendären Barry Goldwater, der grauen Eminenz der amerikanischen Rechten, als Senator von Arizona. Beide ähneln sich in ihrer Ablehnung "derer da oben" in Washington. Beide kämpften im Parlament für Steuersenkungen und gegen Lobbyisten. McCain ist zudem gegen Drogenfreigabe und Abtreibung. Mit diesen konservativen Themen ist er zum Sieger bei der Vorwahl in New Hamphire geworden, vor dem George Bush nun zittern muß.

Aber das ist nur eine Seite der Medaille. McCain gehört trotz aller Anti-Washington-Rhetorik zum Establishment. Als Pat Buchanan kürzlich die Partei verließ, begrüßte McCain diese Entscheidung. Für Leute wie Buchanan, die das Engagement der USA im Zweiten Weltkrieg kritisierten, sei "kein Platz bei den Republikanern". McCain ist auch Globalist – ganz so, wie es die Parteiräson vorschreibt. Er befürwortet den Freihandel – auch mit dem kommunistischen China. Er tritt für weltweite Militärinterventionen zugunsten der Menschenrechte ein. In diesen Fragen unterscheidet er sich nicht von Konkurrenten wie Bush oder Gore. Das Militär steht im Mittelpunkt seines politischen Schaffens. Seine Kriegserlebnisse schildert McCain, wo er nur kann. Veteranenorganisationen gehören zu seinen bevorzugten Zielgruppen. 1998 leitete er die US-Delegation bei der Münchner Wehrkundetagung. Und im Kosovokrieg kritisierte er die auf Bombenangriffe reduzierte Kriegsführung. McCain weiß, wovon er spricht. Das heißt nicht, daß er sämtliche Veteranenverbände auf seiner Seite weiß. Einige werfen ihm vor, mit den Vietnamesen kooperiert zu haben, als er sich in ihrer Gefangenschaft befand.

Ein anderes dunkles Thema, das ihm noch zum Stolperstein auf dem Weg ins Weiße Haus werden könnte, ist sein familiärer Hintergrund. Sollte die Affäre um McCains zweite Ehefrau wieder aufleben, könnte der Bomberpilot in Erklärungsnot kommen: Cindy McCain hat Rezepte gefälscht und soll Medikamente gestohlen haben, um ihre Drogensucht zu befriedigen. Außerdem ist von Wahlkampfspenden und Freiflügen die Rede. All das paßt weniger in den Lebenslauf eines amerikanischen Präsidentschaftskandidaten.


 
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